Verbotene Defa-Filme: Jetzt werden sie aus dem Tresor geholt
Das berüchtigte 11. Plenum des Zentralkomitees der SED verbot 1965 auch viele Defa-Filme. Jetzt zeigt sie das Zeughaus-Kino in einer Retrospektive. Am Donnerstag gibt's dazu eine Tagung.
Die Titel sprechen für sich: „Fräulein Schmetterling“, „Denk bloß nicht, ich träume“, „Der Frühling braucht Zeit“, „Das Kaninchen bin ich“ oder – der bekannteste – „Spur der Steine“. Als im Dezember 1965 das 11. Plenum des Zentralkomitees der SED tagte und neben Frank Beyers Anarcho-Arbeiterfilm elf weitere gerade abgedrehte Defa-Spielfilme im Tresor landeten, war das kurze kulturelle Tauwetter in der DDR vorbei. „Ein Kahlschlag, von dem sich die Defa nur mühsam wieder erholen sollte und der bis zum Herbst 1989 wie ein Damoklesschwert über den Studios schwebte“, schreibt Defa-Stiftungs-Chef Ralf Schenk im Vorwort zum umfangreichen Band „Verbotene Utopie“, der zum 50. Jahrestag der Verbote erscheint (Bertz Verlag, 544 S., 29 €). Auch Theaterstücke, Musik und Bücher wurden damals verboten. Wer nach dem Mauerbau auf die Reformierbarkeit des Sozialismus von innen gehofft hatte, sah sich getäuscht.
Als die „Kaninchenfilme“ nach dem Fall der Mauer meist erstmals gezeigt wurden – etwa auf der Berlinale 1990 – wurde leidenschaftlich diskutiert, über innere Emigration, Selbstzensur, das Protestpotential und die Willfährigkeit der Künste in der DDR. Nun sind sie wieder alle zu sehen, in digitalisierten Fassungen: Bis zum 20. Dezember zeigt das Berliner Zeughaus-Kino die Tresorfilme in der Retrospektive „Sturm und Zwang“, ergänzt um frühere Verbotsfilme und kritische Produktionen etwa von Konrad Wolf und Jürgen Böttcher, die Berlinale 2016 wird einige davon auch in ihrer „Deutschland 1966“-Retrospektive zeigen. Ein Symposium am morgigen Donnerstag, dem 10. Dezember, widmet sich neben der Vorstellung des „Verbotene Utopie“-Bandes durch die Herausgeber Andreas Kötzing und Ralf Schenk den Hintergründen und Folgen des 11. Plenums sowie unter anderem der Situation im Defa-Trick- und im Dokumentarfilmstudio (10.30-18 Uhr, Pei-Bau im DHM, Eintritt frei, Anmeldung: presse@defa-stiftung.de).