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Auf Nimmerwiedersehen: die Schlussszene von "Rheingold".
© Bettina Stöß

Auftakt zum letzten "Ring"-Zyklus an der Deutschen Oper: Jedem Abschied wohnt ein Zauber inne

Zwei Mal noch wird Götz Friedrichs legendärer „Ring“ an der Deutschen Oper gezeigt, dann ist Schluss - nach 33 Jahren. Notizen eines „Rheingold“-Besuchs.

Mit einem „Tohuwabohu aus Zustimmung und Abneigung, dessen Ausmaße den Anlass überstiegen“, endete am 16. September 1984 die Premiere von „Rheingold“ an der Deutschen Oper. 33 Jahre später ist Götz Friedrichs „Ring des Nibelungen“ ein Klassiker, der einhellig gefeiert wird. So wie es Tagesspiegel-Kritikerin Sybill Mahlke damals vorausgesagt hat: „Erfahrungsgemäß sind die umstrittenen und anfechtbaren Dinge nicht die schlechtesten.“ Bis nach Übersee hat sich der Ruhm dieses „Rings“ verbreitet, auf Tourneen 1987 nach Japan und 1989 in die USA. 2003, nachdem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit im Streit um die Kulturfinanzen erklärt hatte, er könne sich eine Fusion von Staats- und Deutscher Oper gut vorstellen, wurde der rituelle „Ring“-Jubel gar zum politischen Protest.

Nun aber neigt sich die Inszenierung des Götterspiels in Peter Sykoras ikonischem Zeittunnel ihrem Ende zu. Zweimal noch geht die Tetralogie über die Bühne, am Ostermontag ist Schluss – bis 2020, wenn Stefan Herheim seine Sicht auf Wagners 16-Stünder präsentieren wird. Obwohl ein „Heute restlos ausverkauft“-Schild an der Kasse prangt, bildet sich am Samstag eine lange Schlange der Hoffenden, draußen werden viele „Suche Karte“-Zettel hochgehalten. Viele, die eine Karte ergattert haben, drängen sich im Seitenfoyer des 2. Rangs, wo Curt A. Roesler seine geschätzte Werkeinführung hält. Als Urgestein der Friedrich- Ära wird er übrigens zusammen mit dem „Ring“ zum Saisonende in Rente gehen.

Eine Gedankenwolke im Publikum

Im Zuschauerraum scheint über den Häuptern der Besucher dann förmlich eine Gedankenwolke aufzusteigen, Tröpfchen für Tröpfchen zusammengetragen aus unendlich vielen Privaterinnerungen an diese oder jene Aufführung. Und es würde nicht verwundern, wenn der eine oder andere Vollblut-Wagnerianer tatsächlich alle 53 „Rheingold“-Abende seit der Premiere gesehen hat.

Elf Maestri standen im Lauf der Jahrzehnte für diesen „Ring“ im Graben, bis 1991 der damalige Generalmusikdirektor Jesus Lopez Cobos im Wechsel mit seinem Kapellmeister Heinrich Hollreiser, dann viele Male Jiri Kout, Christian Thielemann natürlich, in den bewegten Jahren seiner Amtszeit, aber auch Christof Prick, Horst Stein, Jun Märkl, Lothar Zagrosek, Philippe Auguin und, im Wagner-Jahr 2013, Simon Rattle.

2007 kam Donald Runnicles als Gast und verstand sich mit dem Orchester so gut, dass er GMD wurde. Der Schotte leitet jetzt natürlich auch die Abschiedszyklen, und es ist eine schiere Freude, ihm und seinen fabelhaft aufgestellten Musikern beim „Rheingold“ zuzuhören. Eine Wachheit ist da zu erleben, eine vitale Transparenz, wie sie nur aus tiefster Vertrautheit mit der Partitur entsteht. Absolut organisch wirkt der Klangfluss, ob sanft gekräuselt oder aufbrausend. Die Sänger können sich bei Runnicles wirklich sicher fühlen, darauf vertrauen, dass er ihnen stets die adäquate akustische Atmosphäre liefert für die kontrastreichen Spielszenen dieses Konversationsstücks.

Die Doppelgesichtigkeit von Loge

Dass Burkhard Ulrich, seit Langem als Loge hochgeschätzt, am Tag der Aufführung feststellen musste, „dass seine Stimme nicht anspringt“, wie es Operndirektor Christoph Seuferle bei der Ansage formuliert, gibt der Nostalgieveranstaltung einen spannenden Realitäts-Kick: Denn nun spielt Ulrich den Feuergott nur, auf seine ganz eigene, lässig-tänzelnde Art, während ihm Thomas Blondelle von der Seite seine frische Tenorstimme leiht, der Kollege aus dem Ensemble, der sich spontan bereiterklärt hat, einzuspringen. Selten ist die Doppelgesichtigkeit Loges so plastisch zu erleben.

Stars hat der Besetzungszettel nicht aufzubieten, aber die 14 Rollen sind alle überzeugend besetzt: Derek Welton ist ein kernig-jugendlicher Wotan, dem Daniela Sindram mal nicht mit Gattinnengekeife zusetzt, sondern mit Eloquenz und Charme. Eine quicke Erscheinung gibt Paul Kaufmanns Mime ab, Werner von Mechelen ist ein volltönend selbstverliebter Alberich, während Albert Pesendorfer als empfindsamer Riese Fasolt die Sympathien auf sich zu ziehen versteht.

Und Götz Friedrichs Regie? Wirkt inzwischen auf angenehme Weise traditionell. So zweckdienlich und geradeaus wird die Geschichte erzählt, wie es sich Regisseure heute kaum trauen würden. Manche altmodische Operngeste ist auch dabei, ein Highlight der sprechenden Personenführung aber bleibt das Finale, wenn die Götter in höfischer Menuett- Formation auf Walhall zuschreiten, immer zwei Schritte vor und einen zurück, Sisyphusse allesamt.

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