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Der Maestro der Romantik: Dresdner Musikchef Christian Thielemann.
© dpa

Über das Pensum von Musikchef Christian Thielemann: Thielemanns Terminkalender

Auf den ersten Blick mag es erscheinen, als lege der Dresdner-Musikchef die Beine hoch. Doch der Maestro steht seinen Kollegen Barenboim und Runnicles in ihrem Pensum in nichts nach.

Fast 400 Veranstaltungen kündigt die Dresdner Semperoper für die kommende Saison an – Christian Thielemann, der amtierende Musikchef des Hauses, wird allerdings nur 13 davon dirigieren. Eine Premiere ist nicht darunter. Viermal leitet der 57-jährige Maestro die „Otello“-Übernahme von den Salzburger Osterfestspielen, je dreimal „Rheingold“ und „Siegfried“ aus der 13 Jahre alten „Ring des Nibelungen“-Produktion von Willy Decker. Hinzu kommen zwei Mozart-Bruckner-Abende mit der Staatskapelle Dresden und das Silvesterkonzert. Das war's. Unerklärlich, warum sich Thielemanns Arbeitgeber das bieten lassen.

In Berlin herrschen da andere Verhältnisse: Donald Runnicles, der Generalmusikdirektor der Deutschen Oper, betreut 2016/17 gleich drei Premieren, insgesamt wird er an 45 Abenden im Orchestergraben stehen sowie vier sinfonische Programme einstudieren. Auch Daniel Barenboim hat sich in der nächsten Saison drei Neuproduktionen vorgenommen. Neben seinen 21 Opernaufführungen absolviert er umfangreiche Konzertvorhaben mit der Staatskapelle: Elf verschiedene Programme werden jeweils in der Philharmonie und im Konzerthaus gespielt, hinzu kommt ein Zyklus mit allen Schubert-Sinfonien im neuen Pierre-Boulez-Saal der Barenboim-Said-Akademie.

Nun versteht sich nicht jeder in dem Maße als fürsorglicher pater familias seines Theaters wie Donald Runnicles, und auch nicht jedem ist es gegeben, ein Arbeitspensum à la Barenboim durchzuhalten – wie aber mag Christian Thielemann seine Tage verbringen? Legt er die Beine hoch in seiner Babelsberger Villa? Oder investiert er einfach nur mehr Zeit ins Studium der Meisterwerke als viele seiner Kollegen? Dass er die Partituren bis in die allerfeinsten Verästelungen kennt, dass er in der Lage ist, wirklich tief in die Gefühlswelten der Romantik vorzudringen, wissen die Orchester zu schätzen. Die Berliner Philharmoniker haben sich angewöhnt, Thielemann jeweils für zwei Programme einzuladen, zu Gast wird er 2016/17 auch bei den Wiener Philharmonikern sein. Neben Tournee-Terminen mit seinen Dresdnern, unter anderem in Tokio, steht zu Ostern 2017 dann auch wieder Salzburg an. Macht summa summarum 39 bis jetzt bekannte Auftritte für die gesamte kommende Saison.

In Bayreuth ist er ebenfalls Musikdirektor

Ach ja, und in Bayreuth bekleidet Christian Thielemann auch noch das Amt des Musikdirektors. Was für ihn bedeutet, seine Dirigentenkollegen, die mit der heiklen Akustik des Festspielhauses weniger vertraut sind als er, im Vorfeld der Premieren zu beraten. Mit wechselhaftem Erfolg, wie gerade zu erleben war. Selber in den „mystischen Abgrund“ des abgedeckelten Orchestergrabens steigt Thielemann in diesem Sommer nur bei der ihm schon vertrauten „Tristan und Isolde“-Inszenierung von Festivalchefin Katharina Wagner. Die Wiederaufnahme steht am 1. August an, in den folgenden drei Wochen sind fünf weitere Aufführungen zu absolvieren. Leben wie Gott in Franken.

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