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Ein Haus, das sich der Umgebung anpasst. Blick auf den Haupteingang des geplanten Museums am Kulturforum.
© Herzog & de Meuron

Kunstexperten diskutieren in Berlin: Ist das Museum der Moderne ein Debakel?

Die Kosten explodieren, das Design erntet Kritik. In Berlin diskutieren drei Kunstexperten über das Museum der Moderne. Und hoffen auf ein Wunder.

Als das Wünschen noch geholfen hat – so hätte Lea Roshs Salon im Theater Coupé am Hohenzollerndamm überschrieben sein können.

Mit ihr sitzen Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann, der Kunsthändler Rudolf Zwirner und der „FAZ“-Journalist Andreas Kilb auf der kleinen Bühne, um über die große Kunstpolitik zu diskutieren, das Museum des 20. Jahrhunderts.

Roshs schmissiger Verweis auf die Stuttgarter Oper, die eine Milliarde Euro kosten soll, setzt den Ton: „Da sollten wir uns in Berlin nicht so haben.“

Im Coupé wird Klartext geredet. Die Befürworter (Kittelmann, Rosh) und Gegner des neuen Museums (Zwirner, Kilb) schenken sich nichts. Dabei geht es nicht einmal mehr um den sagenhaften Anstieg der angesetzten Kosten von 200 auf 450 Millionen Euro.

Darüber erregt sich keiner mehr, seit der erste Spatenstich in der vergangenen Woche dem letzten Skeptiker vor Augen geführt hat: Am Kulturforum wird gebaut. Fragt sich nur wann.

Kein Schubladendenken im Museum

Ist die Scheune nun ein Skandal? Rudolf Zwirner mag dem Architekten Jacques Herzog („ein genialer Verkäufer“) nicht glauben, dass sie genug Platz für die Kunst bietet, wenn andauernd von Dialog und Begegnung die Rede ist.

Den Jargon kennt der 86-Jährige zur Genüge aus den 70er Jahren, als das Centre Pompidou in Paris eröffnet wurde. Ihm graust, will er doch wie Andreas Kilb Raum für Raum die Stile und Ismen erzählt bekommen.

Kittelmann kontert mit Zahlen: 9000 Quadratmeter Ausstellungsfläche sollten genügen, 2000 Quadratmeter gehen für die Privatsammler ab, 1000 Quadratmeter für Sonderausstellungen.

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Außerdem spult das kommende Museum nicht mehr Raum für Raum die Kunstgeschichte ab, sondern wird interdisziplinär, sprunghaft, anders sein. Im Mies van der Rohe-Bau, der die klassische Moderne bis 1945 zeigt, sollen auch Werke des 21. Jahrhunderts zu sehen sein, wie es gerade passt.

Von Schubladendenken will Kittelmann nichts mehr wissen. „Ich hoffe, das wird nicht mehr der Fall“, so der Museumsdirektor, der im Herbst 2020 die Nationalgalerie verlässt. Nach ihm die Eröffnung.

Viele hoffen auf ein Wunder

Über eines aber waren sich die drei Diskutanten und ihre Moderatorin einig: Das Kulturforum ist ein Debakel, eine Schande, dass die Gelegenheit zur städtebaulichen Neuplanung verpasst wurde. Umso mehr träumen sie vom Morgen.

Es wird ein Wunder geschehen, wenn der Neubau – ob geliebt oder ungeliebt – erst einmal steht. Nicht nur die Museumsetats werden steigen, damit die Häuser rundum anständig bespielt werden können, auch die Politik wird endlich ein Einsehen haben, dass die Piazzetta abgerissen gehört. Dann wird der Bund dem Land Berlin das Grundstück entzogen haben und für eine ansprechende Gestaltung sorgen.

„Freuen wir uns doch, die Zeit wird kommen“, ruft Kittelmann ins Publikum. Das hält skeptisch dagegen. Julietta Scharf von der Sammlung Scharf-Gerstenberg sorgt für Entzauberung, indem sie an die dahintergelegene Gemäldegalerie erinnert, deren Weltklasse-Sammlung nicht einmal die Umlegung einer Bushaltestelle bewirken konnte. Doch noch ist es für’s Wünschen nicht zu spät.

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