Festival Young Euro Classic im Admiralspalast: In der Hitze der Friedrichstraße
Ein Monat war Pause, jetzt geht's weiter - an neuem Ort. Das Festival Young Euro Classic ist in den Admiralspalast gezogen und eröffnet die zweite Runde mit einem Orchester aus Spanien.
Es geht auch ohne Gendarmenmarkt. Im Konzerthaus, der eigentlichen Heimat von Young Euro Classic, wirkt das Festival ja immer auch ein bisschen nobel entrückt. Da ist die Weite des Gendarmenmarkts, da ist die immer noch eher gewollt mondäne als wirklich urbane Friedrichstadt drumherum. Und auch die Philharmonie, in der – durch die Renovierung des Stammhauses erzwungen – im Juni fünf Konzerte zu hören waren, zeichnet sich vor allem durch ihre Abgewandtheit vom Potsdamer Platz und Parkeinsamkeit aus.
Jetzt aber: Zehn Tage im Admiralspalast. Mitten drin. Überquellende Bürgersteige. Touristen mit Feierlaune im Blick. Abendessenshungrige. Verkehr, Radfahrer, das Rattern der Bahn über der Brücke gleich nebenan. Und drinnen im Hof: Palaver im Abendwind, kühler Weißwein, zwei riesige Ballons, auf denen die Gesichter von Musikern leuchten. Ein Spiel, ein Sommernachtsmärchen. Young Euro Classic, weiterhin ein Renner in der konzertarmen Zeit, rückt der Stadt noch näher auf den Leib. Das Festival hat das Beste aus der misslichen Renovierungssituation gemacht, etwas gewagt – und gewonnen.
Allerdings ist es heiß im Saal. Stehende Luft. Dazu plüschige Sessel, in denen sich der Staub fängt. Pate und Literaturkritiker Denis Scheck beginnt mit der Entstehung der Erde vor fünf Milliarden Jahren, endet mit Auslöschung der Sonne – und schafft es trotzdem, seine Rede kurz zu halten. Der einzige Trost daran, dass alles endet, bestehe darin, „ dass das auch für die Bücher von Paul Coelho und die Lieder von Andrea Berg gilt“. Musik, so seine These, solle Todesangst bannen. Das anschließende Konzert des Joven Orquesta Nacional de España ist wesentlich bodenständiger, volksnah. „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ von Richard Strauss spielen die jungen Spanier rasend, flink, närrisch, dennoch mit viel Einfühlungsvermögen und Bajuwarità, im Ton lächelnder Zufriedenheit, mit sämigem, perlmuttfarbenem Strich. Dirigent und UdK-Professor Lutz Köhler soll sehr streng mit den Musikern gearbeitet haben. Es hat sich gelohnt.
Auch die Akustiker – der Admiralspalast ist für klassische Musik eher nicht geeignet – haben ganze Arbeit geleistet, Klangsegel installiert, die kurze Nachhallzeit verlängert. Der Sound ist immer noch trocken, aber alle Orchesterstimmen sind bestechend deutlich zu hören – auch in Alejandro Morenos „Maui“, das an diesem Abend uraufgeführt wird. Moreno arbeitet viel mit flächigen, liegenden Tönen, die von spitzen Einwürfen einzelner Instrumente akzentuiert werden, darin ähneln sie auf schöne Weise des Kompositionstechnik von Strauss. Andalusisches Feuer zieht mit Joaquín Turinas „Sinfonía sevillana“ ein und heizt die Temperaturen im Saal weiter an.
Abkühlung bringt Strauss’ Rosenkavalier-Suite. Hier mag sich das freie Schwingen der Musik nicht mehr einstellen, wie noch im „Eulenspiegel“. Da ist zu viel Lehrbuch, zu viel Bemühen. Die gepfeffert gespielten Forte-Passagen erweisen sich als Flucht vor der größeren Herausforderung: zarte Abschnitte so zu spielen, dass die Töne tatsächlich in flauschige Flokati-Kissen sinken wie Octavian und die Marschallin. Dann aber: eine absolut bezwingende, schneidig-wendige, glücklich machende Carmen-Suite als Zugabe. Toreador! Die Luft brennt. Jetzt aber schnell ins Freie.
Young Euro Classic, Admiralspalast, Konzerte bis 17. August