Ein Taxifahrer rechnet ab: Im Reich der Schatten
Frank Schmolkes Noir-Drama „Nachts im Paradies“ überzeugt mit einem dichten Genre-Plot, expressiven Bildern und fein beobachtetem Sozialrealismus.
Sie pöbeln. Sie übergeben sich in seinem Auto. Sie prellen ihn um sein Geld. Und manchmal wird auch jemand handgreiflich. Kein Wunder, dass der Taxifahrer mit dem sprechenden Namen Vincent Kutscher irgendwann die Nase voll hat, Nacht für Nacht Schattengestalten, Oktoberfest-Zombies und herzlose Geschäftsleute einzusammeln.
Durch das verlockende Angebot eines Zuhälters rutscht er in eine Sache rein, die allerdings ein paar Nummern zu groß für ihn ist. Als seine Tochter dann auch noch in die Fänge menschlicher Wölfe gerät, entlädt sich die in ihm aufgestaute Wut in einem großen Befreiungsschlag.
Ein Sog wie ein klassischer Noir- Krimi
Der Münchener Zeichner Frank Schmolke, der selbst lange als Taxifahrer sein Geld verdiente, hat seine Comic-Erzählung „Nachts im Paradies“ (Edition Moderne, 358 S., 29,80 €) in einer Welt angesiedelt, in der es fast nur dunkle Schatten und gelegentlich grelles Licht gibt. Grautöne sucht man in seinem Genre-Drama vergeblich. Die schwarze Tinte ist mit breitem Pinsel aufgetragen. Der Strich wirkt kratzig, unruhig, oft scheint das Papier durch.
Wie bereits in seinem Buch „Trabanten“, in dem ein Mann nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in einen Strudel aus Gewalt und Orientierungslosigkeit gerät, entfaltet auch Schmolkes neues Buch einen Sog wie ein klassischer Noir- Krimi.
Der kantige Zeichenstil gibt dem Ganzen eine roh wirkende Anmutung, auch wenn der 1967 geborene Zeichner mit knappen Strichen bemerkenswert feine Nuancen in die Gesichter seiner Protagonisten zu bringen vermag. Gelegentlich kippt die realistische Optik ins Surrealistische.
Assoziationen zu „Alack Sinner“ und „Taxi Driver“
Das ist erzählerisch wie visuell enorm dicht geraten. Derartig expressive Bilder und ein so stringenter Genreplot sind im deutschen Comic nach wie vor selten. „Nachts im Paradies“ weckt Assoziationen an Klassiker des Noir-Comics wie die Detektiv-Reihe „Alack Sinner“ von Carlos Sampayo und José Muñoz, dazu lässt manche Szene an Martin Scorseses „Taxi Driver“ denken.
Neben den packenden Genre-Passagen gibt es bei Schmolke viele Szenen, die den harten Taxifahrer-Alltag beschreiben. Die bestechen durch einen auf feinen Beobachtungen basierenden sozialen Realismus und geben Einblicke in eine Welt, die die meisten Leser nur als Kunden kennen.
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