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Im Trollkörper gefangen: Eine Seite aus „Hilda und der Bergkönig“.
© Reprodukt

Luke Pearson beendet „Hilda“-Comics: „Ich will auch mal wieder etwas anderes machen“

Mit dem aktuellen Band endet die auch als Netflix-Adaption erfolgreiche Comicreihe „Hilda“. Im Interview erklärt Schöpfer Luke Pearson die Gründe.

Der Brite Luke Pearson hat sich mit seiner Comic-Serie „Hilda“ international einen Namen gemacht. Die Netflix-Adaption der mit fantastischen Elementen durchsetzen Erzählung um die junge, furchtlose Titelheldin mit den blauen Haaren machte den britischen Autor und Zeichner auch weit jenseits der Comic-Szene bekannt. Die zweite Staffel soll 2020 veröffentlicht werden. Von der ihr zugrundeliegenden Comicserie, die sich vor allem aber nicht nur an junge Leser richtet, erscheint dieser Tage der jüngste Band auf Deutsch: „Hilda und der Bergkönig“ (Reprodukt, aus dem Englischen von Michael Groenewald und Matthias Wieland, Handlettering von Michael Hau, 80 S., 20 €). Vor einiger Zeit war Luke Pearson als Gast des Pictoplasma-Festivals in Berlin zu Besuch, Lars von Törne hat ihn bei einer Veranstaltung des Reprodukt-Verlags zu seinem Werk befragt – und dabei erfahren, dass der aktuelle Band auch der letzte der Reihe ist. Hier erklärt Pearson die Gründe dafür.

Luke Pearson, viele Menschen haben „Hilda“ erst durch die Netflix-Adaption kennengelernt. Welche Rolle haben Sie bei der TV-Umsetzung Ihrer Comicreihe gespielt?
Offiziell war ich der Ko-Produzent der Serie. Dass das mein Titel war, habe ich allerdings erst erfahren, als ich den Abspann sah, wo mein Name auftauchte. Die Produktionsfirma war sehr daran interessiert, mich von Anfang an dabei zu haben. Die wollten wissen, was meine Ideen für so eine Umsetzung wären. Ich hatte also meine Hände mit im Spiel, als es um die allgemeine Planung der Umsetzung ging, und dann auch bei der Gestaltung der Figuren für die Adaption.

Die TV-Adaption ist nicht nur in visueller Hinsicht sehr nah an den Comics, sondern auch bei der Charakterisierung der meisten Figuren und bezüglich der Verbindung von realistischen und fantastischen Sequenzen. Wieweit hatten Sie volle Kontrolle darüber und wieweit haben Sie diese abgeben müssen?
Die Umsetzung hat eine große Firma in Ottawa gemacht, Mercury Films. Aber ich habe viele Skizzen beigesteuert, auf deren Grundlage das dortige Team dann die konkrete Ausgestaltung übernahm. Und gerade bei zentralen Figuren wie Hilda oder ihrer Mutter haben die probiert, sich sehr an meine Vorlagen zu halten. Ich hatte sehr genaue Vorstellungen, wie Hilda aussehen soll, wie sie sich bewegen soll und so weiter. Und das Produktionsteam hat einen tollen Job gemacht, meine Wünsche zu respektieren. Gerade bei den Aspekten, die mir besonders viel bedeuteten, wurde das sehr gut berücksichtigt.

Die Handlung der TV-Reihe basiert ja nur zum Teil auf dem Plot Ihrer Comics…
Ja. Ich habe einige der Episoden geschrieben, die in den Serienteilen umgesetzt wurden. Die basieren zwar im Prinzip auf meinen Büchern, unterscheiden sich aber doch auch ziemlich stark davon. Manche Episoden wurden komplett neu geschrieben, was dann oft das Ergebnis eines Gruppenprozesses war, an dem ich einer von mehreren Beteiligten war. Und ich habe ein Storyboard für die Titelsequenz gezeichnet. Auch die Sprecherinnen und Sprecher der Figuren habe ich mit ausgesucht. Aber in anderen Bereichen haben ich mich sehr zurückgehalten, denn diese Leute wissen genau, was sie tun.

Luke Pearson.
Luke Pearson.
© Reprodukt

„Hilda“ war ja am Anfang gar nicht als Comicserie angelegt, sondern entstand eher aus einem Einzelprojekt heraus. Inzwischen ist die Reihe auf sechs Bände angewachsen, 13 TV-Episoden wurden bisher veröffentlicht, eine weitere Staffel ist für 2020 geplant. War damals schon absehbar, welche Dimensionen die Erzählung annehmen würde.
Nein, ganz und gar nicht. Am Anfang hatte ich nur ein paar Bilder dieser Figure, daraus ergab sich auf Anregung meines Verlegers das erste Album. Und nach dessen Erfolg entstanden dann in Gesprächen mit meinem Verleger nach und nach weiter Bände. Und dass es jemals einen Zeichentrickfilm dazu geben würde, war am Anfang höchstens eine dieser Ideen, von der ich dachte, dass es toll wäre – aber ich hätte nie gedacht, dass es wirklich so weit kommt.

Bevor Sie mit „Hilda“ große Erfolg hatten, arbeiteten Sie auch als Illustrator. Haben Sie für derartige Projekte überhaupt noch Zeit.
Nein, dafür fehlt mir schon länger die Zeit. Obwohl ich mich auch nicht danach sehne, Illustrationen für Zeitschriften und ähnliches zu machen. Da gibt es sehr strikte Deadlines, und oft bin ich mit dem Endergebnis nicht wirklich zufrieden. Aber wie gesagt: Im Moment ist meine Zeit komplett mit der Arbeit an der TV-Adaption gefüllt, da bleibt auch für Comics keine Zeit übrig.

Heißt das, es wird nach dem Erscheinen des aktuellen Hilda-Albums auch keine weiteren Comics mehr mit dieser Figur geben?
Ja, das wird für lange Zeit die letzte Folge der Hilda-Comics sein. Ich denke auch nicht darüber nach, weitere Comics mit der Figur zu machen. Ich habe so viel Zeit in dieses Projekt investiert, ich will auch mal wieder etwas anderes machen. Der nächste Comic, den ich mache – und das wird eine ziemliche Herausforderung werden – wird etwas ganz anderes werden. Etwas ganz Neues, Frisches.

Aber Sie bleiben trotz Ihres Erfolges im Fernsehbereich dem Comic treu? Oder besteht die Gefahr, dass Sie sich ganz dem Film widmen, so wie Hayao Miyazaki oder Marjane Satrapi, die als ehemalige Comiczeichner nach ihren erfolgreichen Ausflügen in die Filmwelt ganz dort hinwanderten?
Nein, ich bleibe dem Comic treu. In der Welt des Zeichentrickfilms bin ich ja nach wie vor in erster Linie der Schöpfer des Comics, der da umgesetzt wird. Ich denke also jetzt nicht darüber nach, was mein nächster Vorschlag für eine Animationsfilmserie sein wird. Ich habe das Bedürfnis, weiterhin Comics zu machen.

Vor dem großen Erfolg mit „Hilda“ haben Sie auch Comics gezeichnet, die mehr für ein erwachsenes Publikum gedacht waren, wie zum Beispiel die auch auf Deutsch veröffentlichte Graphic Novel „Was Du nicht siehst“, ein düsteres Beziehungsdrama. Dieses Buch unterscheidet sich enorm von dem, was „Hilda“-Fans von Ihnen kennen. Wird Ihre Entwicklung jetzt wieder weiter in diese Richtung gehen?
Ich glaube nicht, dass das die Richtung ist, in die ich gehen will. Das war damals, vor Hilda, auf jeden Fall die Art von Comic, von der ich eigentlich mehr machen wollte. Wenn ich „Was Du nicht siehst“ heute sehe, ist das ein Werk meines früheren Ichs, und nichts, was ich jetzt noch machen wollte. Ich habe mich weiterentwickelt. Jetzt bin ich mehr daran interessiert, weitere Bücher für Kinder zu machen. Ich habe gelernt, dass ich das gut kann und will die bisher erworbenen Fähigkeiten in dem Bereich weiterentwickeln.

Lars von Törne

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