Buzzcocks live: Herzensschreie
Punkrock-Legenden: Die Buzzcocks begeistern bei ihrem Konzert im Astra Kulturhaus.
Besser kann’s nicht losgehen. „Boredom“, einst in drei Stunden für ihre erste EP ins Mikro gerotzt, als Hymne gegen den 1976 bereits beginnenden Ausverkauf des Punk („You know the scene is very humdrum“), dazu das wie ein nonchalanter Fuck-off-Schrei klingende Gitarrensolo aus nur zwei Tönen: Die Buzzcocks, Punks der nullten Stunde, haben beim Konzert im Berliner Astra absolut nichts von ihrer Attitüde verschenkt. Gitarrist und Sänger Pete Shelley, inzwischen fast 60 und zunehmend Typ Bart-Bärchen, hat sich die Energie bewahrt, die das junge wilde Gemüse aus Bolton, Greater Manchester, damals zusammen mit der Songqualität und einer bezaubernden Romantik zu einer der grandiosesten Bands der Zeit machten. Von der Originalbesetzung (nur im ersten Jahr sang Howard Devoto) ist noch Gitarrist und Sänger Steve Diggla dabei, der ebenfalls in diesem Jahr 60 wird und wie ein extrem freundlicher, Tupfenhemd tragender Modvater ins Publikum lächelt, während er seine Gitarre für die Riffs hebt. Die noch immer funktionieren: Auch die Songs von der letzten, 2014 erschienenen Platte „The Way“ sind grandios, schnell, sarkastisch und lyrisch gleichzeitig. Aber die alten Sachen kommen natürlich am besten: „I don’t mi-i-i-i-ind“ ist so ein Mitgröhler, glücklich brüllt die volle Halle den Refrain, reckt Hände, Handys und einen vereinzelten Iro. Das Pogopit bleibt harmlos – während man damals energetisch und besoffen war, ist man heute eher Zweiteres, dazu aber bestens gelaunt.
Die Buzzcocks waren die erste Band, die auf einem selbst gegründeten, unabhängigen Label veröffentlichte, 500 britische Pfund schnorrte man sich zusammen, um eine Platte aufzunehmen und Musikgeschichte zu schreiben. Während die zeitgleich „Destroy!!!“ brüllenden Sex Pistols sich der Musik bewusst dreckig schief und dilettantisch näherten, brachten die Buzzcocks aber neben Haltung auch riesiges musikalisches Talent mit: Hinter jedem Lied steckt eine Idee, Songwriting und Darbietung beeindrucken genau wie die vielen zweistimmig gesungenen Parts. Die Band beschließt das Set mit dem verzweifelten „What do I get“. „What do I get? – No love. What do I get? – Nothing at all ...“, als Zugabe spielen sie selbstverständlich das nicht weniger sehnsüchtige „Ever fallen in love (with someone you shouldn’t have)“ – auch Punkerherzen brauchen Liebe. Die man ihnen sehr gerne zugesteht.
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