Donald Runnicles mit Brahms: Herber Klang leuchtet
Den Taktstock in der linken Hand, während die rechte gestaltend wirkt: Donald Runnicles dirigiert Brahms an der Deutschen Oper Berlin.
Mit Johannes Brahms zieht in die Deutsche Oper ein Komponist ein, dem Theaterblut und Bühne fernliegen. Das Wesentliche seines Schaffens als Erbe der Romantik gehört der Instrumentalmusik. Auffällig, dass sich das heutige Publikum des Hauses an die symphonischen Ambitionen der Opernmusiker weniger willig gewöhnt, als das bei der Komischen Oper und naturgemäß der Staatskapelle der Fall ist. Es scheint, als müsse hier ein Traditionsbruch noch weiter gekittet werden. Diejenigen Hörer aber, die den Zuschauerraum zirka zur Hälfte besetzt halten, erleben einen Sieg des Orchesters mit seinem Chef Donald Runnicles, den sie voller Begeisterung feiern.
Mit der dritten und vierten Symphonie des Komponisten vollendet das Opernorchester immerhin einen Brahmszyklus. Das heißt, dass es sich in den kühleren Klang des Romantikers einfühlt, der von den glühenden Farben eines Berlioz, Wagner oder Strauss abweicht. Das Hornsolo im ersten Satz der Dritten steht für den nachdenklichen Brahms, der Seitensatz für grazioso, das Runnicles besonders liegt. Im Andante ist es auch die Klarinettenmelodie, mit der er zugleich beredt und leise umgeht, das Ganze ein flexibler Gesang mit viel Diminuendo. Die Gefahr, sich in der Erregung der Musik zu verlieren, der Runnicles sonst nicht selten anheimfällt, bannt er im Finale, wenn er den stillen Ausklang einleitet.
Donald Runnicles formt Bögen
Nicht zuletzt im Pizzicato zeigt sich die Orchesterdisziplin. Mehr noch gilt für die e-Moll-Symphonie, dass der herbe Klang leuchtet. Den Taktstock in der linken Hand, während die rechte gestaltend wirkt und – nach altem britischen Brauch – Seiten der Partitur umblättert, formt Runnicles den Bogen, der sich im Kopfsatz aus dem Motiv von nur zwei Noten bildet. Nach dem rauen Scherzo mit Triangel und Piccolo krönt das Werk die strenge Passacaglia, darin ein inspiriertes Flötensolo von Eric Kirchhoff. Erstaunlich behutsam tönt an diesem Abend das Helldunkel der Musik.