Sammlung Gurlitt: Gurlitts Betreuer: Raubkunst-Verdacht bei acht Bildern
Wenige Tage nach der Beerdigung von Cornelius Gurlitt veröffentlicht dessen Betreuer seine Trauerrede. Er geht darin auf den Raubkunst-Verdacht ein - und auf die Person des Sammlers.
Nur acht Bilder aus der Sammlung von Cornelius Gurlitt stehen nach Angaben seines Betreuers Christoph Edel aktuell unter Raubkunst-Verdacht. „Nach derzeitigem Stand muss lediglich bei acht Werken ein NS-verfolgungsbedingter Entzug angenommen werden“, sagte Edel in der Trauerrede für den gestorbenen Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt in Düsseldorf. Gurlitts ehemaliger Sprecher Stephan Holzinger veröffentlichte die Rede am Donnerstag. „Ob weitere Werke dazukommen, muss die laufende Forschung ergeben“, heißt es darin.
Die Taskforce in Berlin, die Gurlitts Sammlung untersucht, sieht das bisher anders. Sie schließt den Raubkunst-Verdacht nach wie vor bei 458 Werken nicht aus, wie ein Sprecher am Donnerstag bekräftigte. Die Leiterin der Gruppe, Ingeborg Berggreen-Merkel, hatte an der Trauerfeier auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof am Montag teilgenommen.
Gurlitt, der mit dem überraschenden Fund seiner millionenschweren Bildersammlungen in München und Salzburg monatelang im Zentrum der größten Kunstsensation der vergangenen Jahrzehntestand, war am 6. Mai nach langer Krankheit gestorben. „Die Kunstsammlung war ihm zunehmend zu einer schweren Last geworden“, sagte Edel in der Grabrede. An der Rückkehr der von der Staatsanwaltschaft wegen möglicher Steuervergehen beschlagnahmten Bilder habe Gurlitt zuletzt kaum noch Interesse gehabt. „Cornelius Gurlitt konnte in der Gewissheit, mit seiner freiwilligen Zustimmung zur Aufklärung und Restitution ein beispielloses Zeichen gesetzt zu haben, von seinen Bildern loslassen.“
Kurz vor seinem Tod hatte Gurlitt einen Vertrag mit der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern geschlossen, in dem er die Erforschung seiner Bilder auf Nazi-Raubkunst sicherstellte. Er erklärte sich darin zudem bereit, Bilder gegebenenfalls an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. Wer sich jetzt nach seinem Tod um die Ansprüche möglicher Erben kümmert, ist allerdings völlig unklar. Bislang hatte Gurlitts Betreuer Edel die Gespräche geführt; der ist aber nicht mehr im Amt.
Gurlitt hatte das Kunstmuseum Bern in seinem Testament als Alleinerben bedacht. Sollte das Museum das Erbe antreten, müsste es auch diese Gespräche führen. Das
Museum hat aber noch nicht entschieden, ob es die Erbschaft annimmt. Ein Großcousin von Gurlitt , Ekkehard Gurlitt, hat bereits angekündigt, dass er möglicherweise gegen dessen
letzten Willen vorgehen möchte, um zu verhindern dass die Sammlung in Bern landet, "in der popeligen Provinz". Für den Fall, dass ihm doch ein Teil des Erbes zufiele, wolle er die Bilder einem bayrischen Museums als Dauerleihgabe überlassen. Der Anwalt des Großcousins bezweifelte zudem, dass Cornelius Gurlitt beim Abfassen des Testaments im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war.
In seiner Trauerrede bracht Christoph Edel wiederum eine Lanze für den Verstorbenen. „Wir machen uns bewusst, welche Bedeutung die Kunstsammlung für Cornelius Gurlitt über viele Jahrzehnte hatte und wünschen uns, dass auch andere Sammler, Institutionen und Museen seinem Beispiel folgen und jenseits der Frage von einklagbarem Recht moralische Verantwortung übernehmen“, sagte Edel in seiner Trauerrede. Er fügte hinzu: „Cornelius Gurlitt war mehr als nur der Kunstsammler. Er war ein Mensch wie Sie und ich mit all seinen Stärken und seinen Schwächen.“ Er hoffe, dass von Gurlitt nicht nur seine wertvolle Kunstsammlung in Erinnerung bleibe. dpa