Trauer um Schauspieler: Götz George mit 77 Jahren gestorben
Er war ein Raubein mit Charme, ein Intellektueller, ein sanfter Künstler, ein aufbrausender Charakter. Götz George war nicht nur einer der vielfältigsten Schauspieler des Landes, sondern ein Mensch mit vielen Facetten. Er wurde 77 Jahre alt.
Der Schauspieler Götz George ist tot. Wie seine Agentin am späten Sonntagabend in Berlin mitteilte, starb George bereits am 19. Juni nach kurzer Krankheit im Alter von 77 Jahren. „Götz George hat sich eine Verabschiedung im engsten Kreis gewünscht“, hieß es in der Mitteilung. Von weiteren Nachfragen solle aus Rücksicht auf die Privatsphäre der Familie abgesehen werden. Die „Bild“ berichtete, George sei in Hamburg im engsten Kreis der Familie beigesetzt worden. Dazu wollte die Agentin keine Angaben machen.
In einem Interview, das der Tagesspiegel 2013 mit ihm geführt hat, antwortete er auf die Frage, ob er sich schon mal damit beschäftigt hat, wie sich Schimanski verabschiedet: "Nein, der Schimanski verabschiedet sich nicht. Warum sollte er? Das ist wie im Leben, man geht einfach."
George ist einem Millionenpublikum neben zahlreichen weiteren Rollen besonders als „Tatort“-Kommissar Horst Schimanski in Erinnerung. Den schnodderigen Polizisten aus dem Ruhrgebiet verkörperte er binnen 32 Jahren insgesamt 48 Mal.
Die Todesnachricht löste Betroffenheit und Trauer aus. „Adieu, Schimmi. Mit Götz #George verliert unser Land einen unserer großen Charakterdarsteller“, twitterte Bundesjustizminister Heiko Maas. Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) schrieb: „Ach nö, dieses 2016 reicht mir wirklich langsam...“, nachdem Anfang des Jahres bereits Prominente wie David Bowie oder Roger Cicero gestorben waren. Der frühere Fußballnationalspieler Christoph Metzelder schrieb schlicht: „Tschüss, Schimanski.“
Doch George war weit mehr als TV-Kommissar Schimanski. Eine seiner berühmtesten Kinorollen hatte der gebürtige Berliner als homosexueller Massenmörder Fritz Haarmann in „Der Totmacher“ von 1995. In Satiren wie „Schtonk!“ oder „Rossini“ zeigte George sein komödiantisches Talent. 2007 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Deutschen Fernsehpreis geehrt. Sechs Jahre später spielte er im TV-Drama „George“ seinen eigenen Vater Heinrich, der wegen seiner Schauspieler-Karriere in der Nazi-Zeit umstritten war.
Er verkörperte außerdem den KZ-Arzt Josef Mengele („Nichts als die Wahrheit“) und einen an Alzheimer erkrankten Busfahrer („Mein Vater“), einen Taschendieb („Das Trio“) und einen blinden Klavierlehrer („Der Novembermann“), einen Öko-Aktivisten („Lüg weiter, Liebling“) und einen todgeweihten Staatsanwalt („Nacht ohne Morgen“).
2014 wurde Götz George mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Im Juli wäre George 78 Jahre alt geworden.
Vor zwei Jahren hatte er erklärt, er wolle sich nach 65 Arbeitsjahren aus dem Schauspielgeschäft weitestgehend zurückziehen. 2015 stand er dann zum letzten Mal vor der Kamera: Im ARD-Krimi-Drama „Böse Wetter“ spielte er einen Bergbau-Baron - nicht im Ruhrgebiet, sondern im Harz. Ein Ausstrahlungstermin für den Film steht noch nicht fest.
Müller und Henkel würdigen den gebürtigen Berliner
George war 1938 in Berlin geboren worden, hatte in Lichterfelde die Berthold-Otto-Schule besucht, stand als Zwölfjähriger am Hebbel-Theater zum ersten Mal auf der Bühne und blieb der Stadt zeitlebens verbunden. Entsprechend fand die Todesnachricht Widerhall in der Berliner Politik. "Die Kulturmetropole Berlin trauert um einen ihrer großen Protagonisten", teilte der Regierende Bürgermeister mit. George habe "in vielen Rollen brilliert und dabei mit seiner Vielfältigkeit künstlerische Maßstäbe gesetzt", sagte Michael Müller. "Berlin verneigt sich in Dankbarkeit und Trauer vor einem großen Künstler und überzeugten Berliner."
Innensenator Frank Henkel würdigte George als "Ausnahmedarsteller, der die Schauspielkunst in unserem Land über lange Jahre mit seiner Persönlichkeit mitprägte und sein Publikum in seinen unzähligen Rollen mitriss, unterhielt und anrührte". Er erinnerte an den Schimanski, die Rolle "als polizeiliches Raubein" sei ihm "auf den Leib geschrieben" gewesen. "Die Theaterstadt Berlin trauert um einen ihrer Großen", schrieb Henkel.
Ausgewählte Zitate des Ausnahmeschauspielers
„Alt werde ich, daran gibt es nichts zu deuteln.“ (Götz George in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur von 2007)
„Ich möchte gerne nach 65 arbeitsreichen Jahren Feierabend machen. Auf der Bühne, wie es bei Schauspielern immer heißt, will ich sicher nicht sterben.“ (George in einem „WAZ“-Interview von 2014)
„Ich bin immer einen recht gradlinigen Weg gegangen. Damit habe ich sicher auch immer wieder Menschen vor den Kopf gestoßen, aber ich habe mich nicht verbiegen lassen.“ (George in einem dpa-Interview 2011)
„Entweder, man hat das Leben gepackt oder das Leben hat einen gepackt. Ich glaube mittlerweile, beides ist wohl richtig. Du wirst geliebt und gebeutelt.“ (George im Jahr 2014)
„Der Deutsche will immer den Jesus haben, der auf die Schnauze fällt und zugibt: mea culpa. (...) Arbeiten, Steuern zahlen und dann wieder weg.“ (George über seine Sicht auf Deutschland)
„Das war in meinem Leben nie sehr vordergründig. Der Beruf bringt zwar Freunde mit sich, du lernst Menschen kennen und verlässt sie auch wieder. Klammern kann ich nicht.“ (George über persönliche Beziehungen)
„Ich muss die Figuren inhalieren, anders kann man es gar nicht sagen, ich inhaliere sie, ohne intellektuell darüber nachzudenken.“ (George über sein Rollenverständnis)
„Du hast mich halt immer überholt. Du warst halt immer besser, besessener.“ (George in einer ARD-Doku von 2013 an die Adresse seines Vaters Heinrich)
„Was quatschst du mich so blöd an, du Spießer, nur weil ich 'ne Fahne habe?“ (George in seiner Rolle als „Tatort“-Kommissar „Schimanski“)
„Dieser Typ tritt so leise ab, wie er laut angefangen hat.“ (George über seine Figur Horst Schimanski)
(mit AFP, dpa)
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