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„Der ruhende Mars“ (1638) von Diego Rodríguez de Silva y Velázquez (1599–1660). Das Gemälde ist eine der Ikonen der Kunst des Meisters aus Sevilla und zeigt deutliche Einflüsse seiner Reisen nach Italien, naturalistische Wiedergabe der Körperhaltung sowie die Farbkontraste. Auch die Rezeption der antiken Bildhauerkunst ist in dieses Werk eingeflossen, dessen Deutung Rätsel aufgibt: Die einen sehen das Bild als satirische Parodie auf die antiken Mythen, die anderen als Verkörperung von Spaniens Niedergang.
© Museo Nacional del Prado

Ausstellung zum Siglo de Oro in der Gemäldegalerie: Gemalte Monarchie

In Spaniens Goldenes Zeitalter untermauern die spanischen Könige ihren Herrschaftsanspruch mit einer Flut von Kunstwerken - trotz drohenden Niedergangs

Caspar Schoppe (1576–1649) rühmte sich, in weniger als 20 Tagen die spanische Sprache erlernt zu haben. Hierzu bediente er sich einer neu ausgearbeiteten Methode, die das Lernen von Fremdsprachen erleichtern sollte und 1611 in Salamanca entwickelt wurde. Als er nun drei Jahre später in Madrid weilte, besuchte er den aus Irland stammenden, nach Spanien immigrierten jesuitischen Schriftsteller William Bathe. Dieser veröffentlichte als Erster die Methode des vereinfachten Lernens, vor allem, um den Ansprüchen der Missionare zu genügen; sowohl zur Unterstützung für Botschafter als auch für Sprachlehrer.

Für jemanden, der in Pappenberg (Oberpfalz) geboren und im Schoße einer lutherischen Familie aufgewachsen war und später als Student in Heidelberg wohnte, war es eine besondere Herausforderung, sich den Gepflogenheiten des streng katholischen Hofes und seiner Majestät zu unterwerfen und anzupassen. Katholiken aus der ganzen Welt zog es in die politische Metropole.

Obwohl Schoppe dem Protestantismus bereits 1598 während seines Aufenthalts in Prag abgeschworen hatte und schon einige Jahre in Rom wohnte, erinnerte er sich an seine alten Glaubensgenossen, für die dieser Ort stets das Zentrum jenes Spinnennetzes darstellte, in dem Dämonen Verwirrung und Tyrannei stifteten.

Militärische Stärke, beträchtlicher Ruhm

In Madrid widmete er sich dann einer neuen Publikation, einem Traktat mit dem Titel „De admirandis Hispaniae“, das beweisen sollte, dass das „Spanische Imperium“ dem Römischen Reich bereits weit überlegen war und den Spaniern weitaus mehr Bewunderung zustand als den Römern.

Der Plan war, die These zu untermauern, dass die Monarchie von Philipp III. (1598–1621) das Römische Reich nicht nur hinsichtlich territorialer Expansion weitaus übertraf, sondern auch größere militärische Stärke aufwies, einen beträchtlicheren Reichtum – dank des in Amerika angehäuften Reichtums, und trotz der steigenden Preise – und das antike Reich nicht zuletzt im Geiste und im Wissen übertraf, da sie heute im Dienste des wahren Glaubens handelten. In seinem Werk „An alle Spanier“ (1614) rief er dazu auf, die Entwürfe seiner Arbeit als theoretische Grundlage zu nutzen. Gleichzeitig bat er jedoch jeden, der ihn mit weiteren Informationen und Nachrichten zu seinen Themen versorgen konnte, den Kontakt zu ihm zu suchen, um seine Niederschriften zu vervollständigen und zu stützen.

Die beiden kleinen Episoden über den Aufenthalt eines Deutschen in Madrid im frühen 17. Jahrhundert enthalten einige Lehren, die es erlauben, sich der Geschichte jener Zeit zu nähern.

Velázquez wurde 1599 in Sevilla in eine Monarchie hineingeboren, der ein großes hegemoniales Potenzial zu Zeiten Philipp II. (1556–1598) zugeschrieben wurde. Trotz aller Rückschläge, die das Ende der Herrschaft vermuten ließen – wie zum Beispiel der Untergang der „Unbesiegbaren Armada“ (1588) –, wurde den westeuropäischen Mächten klar, dass die Monarchie der spanischen Habsburger, die als Erste die Dimension einer wahrhaften Globalisierung erreichte (was auf die Expansion in Amerika und Asien zurückzuführen war und natürlich auch darauf, dass Portugal sich seit 1580 dem spanischen Reich unterwarf), ihr Imperium unter Einbezug der bereits geerbten und eroberten Gebiete, ständig größer und mächtiger machte. Es schien der Moment gekommen zu sein, dass sich die klassische Legende des Königreichs der nie untergehenden Sonne bewahrheitete, voller politischer und theologischer Hallräume. Und es ist wichtig zu betonen, dass die spanische Habsburger-Monarchie sich nicht nur als das größte Königshaus seiner Zeit präsentierte, sondern das größte aller Zeiten.

Es ist auch zu beachten, dass Schoppe die Habsburger Monarchie Spaniens nicht nur als die größte ihrer Zeit, sondern als die größte in der Geschichte beschrieb. Der Deutsche aus der Oberpfalz sprach von einem einzigartigen Imperium, obwohl er diese Bezeichnung nur im Vergleich mit dem Heiligen Römischen Reich verwandte.

Francisco de Zurbarán: Hl. Franziskus, um 1640.
Francisco de Zurbarán: Hl. Franziskus, um 1640.
© Museu Nacional d'Art de Catalunya, Barcelona/Calveras / Mérida / Sagristà

Alle jedoch verband das gleiche Schicksal: die Ausbreitung des Katholizismus, der sich bis an die Enden der damals bekannten Welt ausdehnte. In der militanten Verteidigung des katholischen Glaubens fanden die Spanier eine Form, ihren Hegemonieanspruch zu rechtfertigen – ein Anspruch, der ohnehin kaum versteckt wurde. Es war die Zeit der Zuwanderer wie Bathe oder Schoppe, die den Schutz Spaniens suchten und die Fragen stellten über den Status einer Welt. Eine Welt, die erste Schritte in Richtung Globalisierung einschlug.

Das Spanien der Ära Velázquez konsolidierte zu jener globalen Lebensform und schuf ein iberisches Imperium von universellen Dimensionen, auch dank der Eingliederung Portugals (1580–1640). Portugal war weit von einer staatlichen Einheit entfernt, in administrativen, rechtlichen oder Zentralisierungsfragen bei Weitem nicht ausreichend entwickelt. Eine ganze Reihe von Binnengrenzen, die als Gebiete des katholischen Monarchen anerkannt waren, blieben unter der Regierung des Königs von Spanien und wurden wie alter Besitz regiert. Die Monarchie war die eines Königs, der (außer in Kastilien) nicht vor Ort regierte, mit Ausnahme von sporadischen Reisen zu Zeiten Philipps II.

Monarchie der "Könige in Abwesenheit"

Diego Velázquez: Don Gaspar Guzmán 1635, war ein einflussreicher Minister bei Philipp IV.
Diego Velázquez: Don Gaspar Guzmán 1635, war ein einflussreicher Minister bei Philipp IV.
© bpk, The Metropolitan Museum of Art, Malcolm Varon

Ganz gleich, ob die Gebiete friedlich oder mit Waffengewalt erobert oder vererbt wurden: Diese Monarchie der Absente Reyes (Könige in Abwesenheit) schaffte es, sie alle unter ihrer Herrschaft zusammenzufügen, auch wenn ihre Differenzen zu Fragen der Gesetzgebung, einer einheitlichen Sprache und Währung sowie zu institutionellen Maßnahmen in der Regel ungeklärt blieben.

Die Monarchie der Abwesenden Könige bewies eine enorme Anpassungsfähigkeit, mit der sie sich auf die unterschiedlichsten Situationen in Zeit und Raum einstellte. Sie erlaubte ihr, mit kompliziertesten Krisen umzugehen, wie die Revolutionen und die Aufstände der 1640er Jahre, die die Herrschaft von Philipp IV. (1621–1665) prägten. Die Trennung von Portugal, das seit 1640 von der Dynastie der Braganza regiert wurde, war der stärkste Verlust in dieser kritischen Zeit. Aber die Monarchie war in der Lage, auch diese Verluste zu überwinden und sich nachhaltig durchzusetzen, sogar bis in die nächsten Jahrhunderte.

Ein wichtiger Teil dieser Anpassungsfähigkeit war in den Absprachen und mehr oder weniger formalisierten Pakten begründet, die die Monarchie mit den lokalen Eliten der unterschiedlichen Territorien einging – wobei sie sich natürlich immer auf hypothetische oder auch grausam reale militärische Einschüchterung stützte.

Gregorio Fernández: Gang zum Kalvarienberg, nach 1610.
Gregorio Fernández: Gang zum Kalvarienberg, nach 1610.
© Museo Nacional de Escultura, Valladolid

Man könnte auch sagen, dass dieses iberische Reich auf der Basis der kontinuierlichen, freiwilligen oder erzwungenen internen Verhandlungen funktionierte, von Portugal über die Lombardei bis in die Grafschaft „Franco Rio de la Plata“. Nach außen sollte sie ein Bild der Universalmacht transportieren, einen Ruf, den es um jeden Preis zu verteidigen galt.

Die spanische Monarchie zu Zeiten Velázquez’ vertrat eine interessante These, in der es zu einer Debatte über den „äußeren Eindruck“ dieser Macht kam. Wie war sie zu gestalten und wie zu verbreiten? Wie konnte ungünstigen Vorzeichen entgegengewirkt werden? Um nur ein Beispiel zu geben, war die Schrift „De admirandis Hispaniae“ von Schoppe etwa ein Versuch, den guten Ruf der Monarchie im Ausland zu stützen.

Viele Schriftsteller diskutierten die Vorteile und Möglichkeiten einzelner Kommunikationsformen, um wissenschaftliche Theorien zu verbreiten. Es galt, sie zu dokumentieren und zu verbreiten, dabei war auch die Dokumentation von Überzeugungen und Ideologien zu beschreiben und schließlich eine immerwährende Treue und Gehorsam den Königen gegenüber zu betonen.

Bücherstillleben, Spanien, Schule von Madrid, zweites Viertel 17. Jahrhundert.
Bücherstillleben, Spanien, Schule von Madrid, zweites Viertel 17. Jahrhundert.
© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie/Jörg P. Anders

Die spanische Monarchie wurde auch als „Reich der Tinte“ beschrieben. Durch die Implementierung eines Schriftsystems, die sowohl zur Entscheidungsfindung und zur Kommunikation an entfernten Standorten, als auch zur Dokumentation benutzt wurden, wurde eine dokumentenbasierte Verwaltung möglich. Die Monarchen Spaniens waren somit Könige, die nicht nur auf Archive von handgeschriebenen Exemplaren zurückgreifen konnten, sondern auch auf Druckschriften zu Propagandazwecken und Regelwerke für die Verwaltung. So entstanden einige der ersten Fragebögen und Rundschreiben der Geschichte.

Die Einführung der Drucktechnik in Lima 1584 und auf den Philippinen in den 1590er Jahren erleichterte es der Monarchie, die Ausbreitung der Buchdruckerkunst durchzusetzen. Wenn wir uns an die Lebensabschnitte von Schoppe erinnern, können wir sehen, wie sich diese Form der modernen Kommunikation im Spanien zu Zeiten von Velázquez ausbreitete. Somit wuchs auch der Anreiz zum Erlernen von Fremdsprachen und zum Sammeln von Schriften. Dies war für die kollektive Gemeinschaft aller Spanier ein großer Fortschritt. Das öffentlich zugängliche Werk eines Gelehrten wie Schoppe förderte diese Entwicklung.

Emotion pur: Pedro Roldán: Mater Dolorosa, um 1670/75. Die Tränen sind aus Glas.
Emotion pur: Pedro Roldán: Mater Dolorosa, um 1670/75. Die Tränen sind aus Glas.
© Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Foto: Antje Voig

Viele Analphabeten waren bezeichnend für diese Zeit, deshalb verstand sich die Monarchie vor allem als eine Monarchie der visuellen Bilder. Einerseits gab es also die informelle Komponente der diplomatischen Geschenke: Es gab den Brauch, Gemälde als diplomatische Geschenke zu überreichen; so hat Philip II. dem Botschafter des Kaisers von China eine Serie seiner Porträts geschenkt.

Andererseits ging es darum, wie man die Präsenz eines Königs in einem so weitläufigen Königreich sicherstellen kann. Die beste Möglichkeit dafür wurde darin gesehen, mit Abbildern in Form von Münzen, Medaillen, Statuen, Gemälden oder Drucken als effizienteste Mittel zu arbeiten. Dies diente nicht nur der Darstellung von dem jeweiligen Abbild, sondern auch als Zeichen der Ehrerbietung und Verehrung seiner Untertanen in der Zeit seiner Abwesenheit.

Letztlich lag der Sinn darin, die Macht der „Könige in Abwesenheit“ zu unterstreichen und sich die Ergebenheit ihrer Untertanen zu sichern. Diego Velázquez konnte sich so als erfolgreicher Verfasser und hervorragender Vertreter der Monarchie behaupten und verewigen.

Der Autor ist Professor für Moderne Geschichte an der Universidad Complutense Madrid.

Aus dem Spanischen von Carmen Garcia und Fabian Federl

Fernando Bouza

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