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Alexander Vinogradov (vorne, mitte) als Zaccaria, Kinder von Geflüchteten, Mitglieder eines Projektchors mit Geflüchteten und Mitglieder des Chors der Hamburgischen Staatsoper in "Nabucco".
© Christian Charisius/dpa

Russischer Regisseur Serebrennikow: „Free Kirill“: Premiere trotz Hausarrest

Seit August 2017 steht Kirill Serebrennikow in Moskau unter Hausarrest. Am Sonntag feierte die Hamburger Staatsoper seine Neuinszenierung von "Nabucco".

Der russische Regisseur Kirill Serebrennikow konnte nicht zur Premiere nach Hamburg reisen, weil er im August 2017 festgenommen wurde und seitdem in Moskau unter Hausarrest steht. Dennoch ging seine Neuinszenierung von Verdis „Nabucco“ am Sonntagabend in der Hamburger Staatsoper reibungslos über die Bühne. Wie schon bei „Così fan tutte“ im November 2018, seiner Regiearbeit für die Oper Zürich, hatte der Theater- und Filmemacher aus der Ferne inszeniert, mit Hilfe seines Ko-Regisseurs Evgeny Kulagin vor Ort, mit Videoaufnahmen der Proben, die ihm per USB-Stick übermittelt wurden, und mit zurückübermittelten Videobotschaften aus Moskau nach Hamburg. Auch das Bühnenbild und die Kostüme stammen von Serebrennikow. Berichten zufolge hat der Künstler keinen Internetzugang und darf kaum in Kontakt zu anderen treten.

Serebrennikows Gerichtsverhandlung läuft seit dem 7. November; die Behörden werfen dem 49-Jährigen vor, staatliche Fördergelder veruntreut zu haben, was dieser bestreitet. Der Regisseur, dessen jüngste Filme „Der die Zeichen liest“ und „Leto“ auch in den deutschen Kinos liefen und beim Filmfestival in Cannes gefeiert wurden, hat sich immer für die Freiheit der Kunst und der Meinung eingesetzt, er bekennt sich zu seiner Homosexualität. Er solle mundtot gemacht, die Kulturszene in Russland eingeschüchtert werden, heißt es vonseiten kritischer Russlandbeobachter. Nachdem die Aussage der ehemaligen Buchhalterin als Hauptbelastungszeugin im Februar erhebliche Zweifel an der Anklage nach sich gezogen hatte, soll der Fall nun neu aufgerollt werden – ein kleines Hoffnungszeichen.

Die „Nabokov“-Inszenierung mit Dmitri Platanias in der Titelrolle, Oksana Dyka als Abigaille und Paolo Carignani am Pult des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg trägt dezidiert politische Züge. Die Handlung ist im UN-Sicherheitsrat angesiedelt; immer wieder werden Fotos von Flüchtlingen und Kriegsopfern etwa aus Syrien eingeblendet, auch treten reale Geflüchtete auf. Ein „Projektchor Nabucco“ singt eine eigene Version des Verdi-Gefangenenchors „Va, pensiero“. Dabei wird Serebrennikows aktuelle Lage nicht direkt auf der Bühne angesprochen. Erst beim Schlussapplaus der Premiere entrollte Kulagin mit anderen aus dem Team ein Transparent mit der Aufschrift „Free Kirill“. Tsp (mit dpa)

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