Pro Quote im Theater: Flüsterfrauen
Die neugegründete Initiative Pro Quote Bühne rechnet mit männerdominierten Theatern ab.
Die deutschen Theater haben ein Frauenproblem. Eine von Kulturstaatsminsterin Monika Grütters in Auftrag gegebene Studie spricht eine klare Sprache: 78 Prozent der staatlichen Bühnen werden von Intendanten geleitet, über 70 Prozent aller Inszenierungen bringen Regisseure auf die Bühne. Das Publikum dagegen ist zu Zweidritteln weiblich, jedenfalls wenn man nur die Abonnements berücksichtigt. Um gegen diese Schieflage anzugehen, wurde jetzt nach Vorbildern im Film- und Medienbereich wie Pro Quote Regie das Bündnis Pro Quote Bühne gegründet.
„Ich bin talentiert, ich habe an einer sehr renommierten Hochschule studiert und trotzdem blieben irgendwann die Engagements aus.“ Angelika Zacek, freie Regisseurin unter anderem an den Staatstheatern in Cottbus und Karlsruhe, ist eine der Initiatorinnen. Kritisch erforschte sie sich selbst, danach kam sie ins Gespräch mit Kolleginnen: „Wir durchforsteten die Spielpläne und stellten fest: Es liegt nicht an uns.“ Nur im Niedriglohnbereich dominiert der weibliche Anteil, 80 Prozent der Souffleusen sind weiblich. „Männer entscheiden, Frauen arbeiten und flüstern zu“, sagt Zacek.
„Männer entscheiden, Frauen arbeiten und flüstern zu“
Die Forderungen der sieben Gründerinnen: „Wir Frauen wollen zum Subjekt werden“. „Wir fordern Theater, die nach innen so aufgestellt sind, wie es das Grundgesetz fordert.“ Oder: „Wir fordern Männergagen für alle!“ Klingt fast veraltet, aber genau hier liegt das Problem: Die Situation ist lange bekannt, aber es bleibt beim Status quo. 1994 betrug der Anteil an Intendantinnen 19 Prozent, 20 Jahre später ist er mit 22 Prozent nahezu gleich niedrig. Auch die Kinderbetreuung am Theater, etwa während der Vorstellung am Abend, bleibt weiterhin Zukunftsmusik.
Man nehme nur die Berliner Bühnen: An den staatlichen Repertoirehäusern finden sich außer Shermin Langhoff am Maxim Gorki Theater nur Männer als Chefs. Schlechter finanzierte kleinere Bühnen hingegen, vom HAU bis zu den Sophiensälen, werden von Frauen geleitet.
Seit 20 Jahren stagniert der Anteil der Intendantinnen
Die Initiative ist mit über 300 bundesdeutschen Bühnen in Kontakt. Außerdem hat sie sich der Berliner Erklärung angeschlossen, einem Bündnis von 16 Frauenverbänden, das 12,5 Millionen Frauen vertritt. Sichtbar gemacht werden soll ein strukturelles Problem. Die Chefdramaturgin des Deutschen Theaters, Sonja Anders, ist überzeugt, dass „eine politische Diskussion“ geführt werden müsse. Sie betonte zwei wichtige Aspekte, Monitoring und Mentoring. Zum einen sollten in Zusammenarbeit mit den Theatern Zahlen dokumentiert und die Verwendung öffentlicher Mittel transparent gemacht werden. Zum anderen sollen etwa Regisseurinnen und Dramaturginnen von Anfang an gefördert werden. Solidarität sei wichtig, auch seitens der Männer im Theaterbetrieb. Frauen dürften die Zugehörigkeit zu Initiativen wie Pro Quote nicht als karrieregefährdendes Stigma fürchten, sondern sollten sie als Möglichkeit der besseren Vernetzung wahrnehmen.
Bewusstmachen ist ein erster Schritt. Die weitaus schwierigere Aufgabe wird es sein, die Forderung nach einer 50-prozentigen Frauenquote in den künstlerischen Theaterberufen tatsächlich durchzubringen. Die Lobbyarbeit dafür in Ministerien, Auswahlgremien und an den Theatern kommt am Ende der Bühnenkunst zugute. Mit-Initiatorin Amina Gusner sagt es so: „Wir haben keine künstlerische Freiheit, wenn wir nicht arbeiten können.“
Anne-Sophie Schmidt
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