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Der Filmemacher Oleg Sentsov, Jahrgang 1976, präsentierte sein Spielfilmdebüt "Gamer" 2012 auf dem Filmfest in Rotterdam.
© Filmfestival Rotterdam/ www.dabhub.com

Russland und der Maidan: Filmemacher und Maidan-Demonstrant Oleg Sentsov bleibt weiter in Haft

Der Regisseur Oleg Sentsov sitzt seit Monaten im Moskauer Gefängnis Lefortovo in Haft - weil er auf dem Maidan demonstrierte. Nun fordert die Berliner Akademie der Künste seine sofortige Freilassung. Bislang waren alle internationalen Proteste vergeblich.

Der im Mai 2014 vom russischen Geheimdienst auf der annektierten Krim verhaftete ukrainische Filmregisseur und Maidan-Demonstrant Oleg Sentsov soll nach Auskunft eines Moskauer Gerichts für weitere drei Monate im Gefängnis Lefortovo festgehalten werden. Dies teilte die Nachrichtenagentur RIA Nowosti mit.

Die Berliner Akademie der Künste appelliert deshalb an den russischen Botschafter in Berlin, den Generalstaatsanwalt und den Leiter des russischen Geheimdienstes (FSB) in Moskau: Sie mögen bitte den Protest des Akademie-Präsidenten Klaus Staeck gegen die willkürliche Inhaftierung des Künstlerkollegen Sentsov übermitteln. Die Akademie fordert die zuständigen Vertreter des russischen Staates auf, Sentsov sofort aus der Haft zu entlassen und ihm die Ausreise in die Ukraine oder in ein Land seiner Wahl zu ermöglichen. Außerdem, so die Akademie, sei es ihr nicht vorstellbar, offizielle Kontakte zu russischen Akademien und anderen staatlichen Einrichtungen im Bereich der Kunst und Kultur in Russland zu halten, solange Oleg Sentsow nicht in Freiheit sei

Mit seinem Beschluss hat das Gericht dem Antrag der Ermittler stattgegeben, die Haft zu verlängern. Ursprünglich war für den 11. Oktober der Beginn des Prozesses gegen Sentsov und weitere Angeklagte wegen der angeblichen Planung von Terroranschlägen geplant. 

Gegen die Inhaftierung des Filmemachers, der an den Protesten auf dem Kiewer Maidan teilgenommen und nach dem Anschluss der Krim öffentlich gegen diesen völkerrechtswidrigen Akt der russischen Regierung protestiert hatte, gab und gibt es zahlreiche Proteste. Kollegen wie Wim Wenders und der ukrainische Maidan-Dokumentarist Sergej Loznitsa setzen sich für ihn ein, ebenso die Europäische Filmakademie mit Sitz in Berlin sowie das Medienboard Berlin-Brandenburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte im Juli Beschwerde wegen der Moskauer Inhaftierung und möglichen Misshandlungen des ukrainischen Regisseurs eingereicht und Zugang zu den Akten über Sentsov verlangt. Alles bislang vergeblich, auch die Protestwelle im Internet, Solidaritätsaktionen auf den Filmfestivals von Cannes, Venedig und San Sebastian, eine Veranstaltung im September in der Berliner Brotfabrik sowie eine Sentsov-Filmwoche in Kiew.

Am 11. Mai war Sentsov von russischen Polizisten in seinem Haus auf der Krim festgenommen und nach Moskau verschleppt worden, in jenes Gefängnis, in dem auch die Pussy-Riot-Aktivistinnen interniert waren. Bei einer gerichtlichen Anhörung am 7. Juli hat Oleg Sentsov alle Anschuldigungen, an der Planung oder Durchführung terroristischer Aktionen beteiligt zu sein, bestritten. Er warf den Untersuchungsbehörden vor, misshandelt und mit dem Tod bedroht worden zu sein. Der Regisseur, Jahrgang 1976, hatte mit seinem Spielfilmdebüt "Gamer" über einen spielsüchtigen Jungen auf internationalen Festivals Beachtung gefunden, unter anderem in Rotterdam. Tsp

Die Europäische Filmakademie hat einen Fonds eingerichtet, um Geld für Sentsovs Verfahrenskosten zu sammeln und seine Kinder finanziell zu unterstützen. Infos: www.europeanfilmacademy.org.

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