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Der Dirigent Michael Sanderling, geboren 1967 in Berlin.
© Marco Borggreve / Predan Voigt

Dresdner Philharmonie in Berlin: Feuer und Trommelwirbel

Ein gut aufgestelltes Orchester: Das Gastspiel der Dresdner Philharmonie unter der Leitung von Michael Sanderling.

„Eine griechisch schlanke Maid“ zwischen den Riesen „Eroica“ und „Schicksalssymphonie“, hat Robert Schumann die Vierte von Beethoven einmal genannt. So dirigiert Michael Sanderling die Symphonie auch beim Berliner Gastspiel der Dresdner Philharmonie, nicht ohne die glitzernden Streicherfiguren im Finale mit eigenem Feuer anzutreiben. Durchsichtig lässt er er auch das bezaubernde Lied der Klarinette im Adagio begleiten. Die B-Dur-Komposition von Beethoven atmet Frische.

Diese Klangkultur verrät, wie gut das Orchester aufgestellt ist in seinen Gruppen wie in den Reihen seiner Solisten. Seit 2017 hat es seine eigene Heimstatt im neuen Konzertsaal des Kulturpalasts in Dresden und sieht darin die Erfüllung eines Traums. Als Orchester der sächsischen Landeshauptstadt im Kulturpalast sieht die Dresdner Philharmonie ihrem Jubiläum entgegen, 2020 feiert sie ihren 150. Geburtstag.

Michael Sanderling, Sohn des großen Kurt Sanderling, ist jetzt in seiner siebenten Spielzeit Chefdirigent der Dresdner und hat mit dem Orchester weite Tourneen durch Asien und Europa unternommen. Er arbeitet mit den Musikern an einer Gesamtaufnahme der Sinfonien von Beethoven und Schostakowitsch. Der ehemalige Solocellist des Gewandhausorchesters wird nach der Saison 2018/19 als Chef in Dresden seinen Abschied nehmen. Die Philharmonie wünscht sich danach eine Rückkehr von Marek Janowski in jenes Amt, das er schon einmal innehatte – in Zeiten des Kampfes um den Konzertsaal.

Klanggewitter von Martin Grubinger

In Anwesenheit des finnischen Komponisten Kalevi Aho erklingt in der Berliner Philharmonie „Sieidi“ (benannt nach einer Kultstätte in Lappland), ein Konzert für Schlagzeug und Orchester aus dem Jahr 2010. Aho ist ein Könner, der auch in Berlin bei Boris Blacher studiert hat.

Martin Grubinger, der Multiperkussionist aus Salzburg, hat das Schlagzeugstück in sein Repertoire aufgenommen, weil er „unheimlich viel Spaß“ damit hat. Schamanisches Ritual und Vielfalt der Perkussionsinstrumente fordern den Interpreten des Schlagzeugsolos zu einem szenisch-musikalischen Parcours auf dem Podium heraus – von den Trommeln zu Marimba und Vibrafon und wieder zurück. Diese seine Klanggewitter hat Grubinger in anderen Projekten wie etwa „Planet Percussion“ mit 30 Musikern schon verblüffender demonstriert. Da erreichte er auf der kleinen Trommel nicht nur den Gipfel der Virtuosität, sondern geriet auch an die Grenzen des Menschlich-Machbaren. Hier entflammt das Zirzensische das Publikum vor allem in einer Zugabe von quasi getrommelter Polyphonie.

Da aber der Orchesterpart von „Sieidi“ nur Romantik-Sound der Bläser und einen Lärm, der an hiesige Silvesternächte erinnert, als Folie aufbietet, bleibt das kompositorische Ergebnis mager. Und der andächtig verschwebende Schluss gaukelt eine tiefere Bedeutung vor, die die Musik nicht hat. Die Schlankheit der Beethoven-Partitur wirkt daraufhin umso zündender.

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