Berliner Theatertreffen 2018: Faustrecht
Frank Castorf ist mit seinem "Faust" zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Jury und Festspielleitung setzen damit ein Zeichen.
Einladungen zum Theatertreffen waren schon immer ein taktisches Instrument. Die Jury unterstützte damit Bühnen und Intendanten; wer nach Berlin fährt, darf sich ausgezeichnet fühlen, gestärkt für kulturpolitische Auseinandersetzungen, ob in Pforzheim oder Zürich. In diesem Jahr hat die Jury signifikant Frank Castorfs „Faust“ ausgewählt, sein Abschlussstück nach 25 Jahren Volksbühne. Fünf Aufführungen soll es im Haus der Berliner Festspiele geben. „Faust“ eröffnet das Festival am 4. Mai, die sieben Stunden Aufführungsdauer (oder mehr, Castorf legt gern eine Schippe drauf) machen dann wohl die üblichen salbungsvollen Reden überflüssig, und die Party beginnt, wenn überhaupt, spät.
Das interessierte Berliner Publikum hat diesen „Faust“ gesehen, aber darum geht es nicht. Jury und Festspielleitung wollen ein fettes Zeichen setzen – für die alte Volksbühne, also zwangsläufig gegen die neue Leitung dort, wo es bekanntlich nicht gut läuft. Noch ein Novum: Eine Voraufführung gibt es auch, am 1. Mai, weil die Chose im Festspielhaus neu eingerichtet werden muss. Die Gräben bleiben tief. Castorf weigert sich, in der Volksbühne zu spielen, wo dieser über lange Strecken starke „Faust“ entstanden ist. Dank seiner Herrlichkeit wird das Gastspiel beim Theatertreffen auch etwas teurer, rund eine halbe Million Euro kostet das Auferstehen am anderen Ort, finanziert zum Teil von der Kulturverwaltung, die noch jeden destruktiven Akt des bereits legendären Volksbühnenpharaos mitgemacht hat, vom Ausgraben des Räuberrads bis hin zum Schreddern alter Volksbühnen-Bühnenbilder. Was wo gespielt und übernommen werden darf, und das gilt auch für andere Regisseure, bestimmt Frank Castorf allein, über seine Intendanz hinaus. Die „Faust“-Maschinerie wurde in Mecklenburg-Vorpommern eingelagert und wird jetzt reaktiviert. Es kommen dann auch noch ein paar andere Aufführungen zum Theatertreffen.
Rüdiger Schaper