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Helle Halle. So könnte es im Inneren des Museums des 20. Jahrhunderts aussehen. Oder auch anders.
© Herzog & de Meuron

Kulturforum in Berlin: Fassade für das Museum des 20. Jahrhunderts bleibt umstritten

Am Kulturforum soll ein Museum des 20. Jahrhunderts entstehen. Doch die Planung stockt. Denn wie der neue Ausstellungsort am Ende aussehen soll, ist noch umstritten.

Eigentlich sollte es ein Termin zur Verbreitung guter Stimmung sein. Mit dem Museum des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum geht es voran. Mit den arg bedrängten Anrainern, der Evangelischen Landeskirche, wurde Einigkeit erzielt. Sogar der Landesdenkmalrat gab seinen Segen. Jetzt muss nur noch der bis 12. Juni öffentlich ausgelegte Bebauungsplan durch die Gremien und das Abgeordnetenhaus seine Zustimmung geben, dann packen es auch die endgültigen Planer an.

Eine große Zahl von Beteiligten hatte der Präsident der Stiftung Preußischer Besitz, Hermann Parzinger, eingeladen, um in seinem Amtssitz, der Villa von der Heydt, den neuesten Stand vorzustellen: Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, dazu Christina Haak von der Generaldirektion der Staatlichen Museen und Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann als künftige Nutzer, weiterhin Ascan Mergenthaler vom Architekturbüro Herzog & de Meuron sowie einen Vertreter des Landesbetriebs Bundesbau Baden-Württemberg, der die Umsetzung betreut.

Mit jeder Information tauchen neue Fragen auf

Eigentlich hätte es für den nach dem Wettbewerbssieg im Herbst 2016 schwer attackierten Siegerentwurf, der als Baumarkt verulkt und im Netz mit dem Logo eines Discounters verunziert wurde, eine Begütigung, ja sogar Rehabilitierung werden können. Doch statt für Klärung zu sorgen, stellten sich an diesem Dienstag nur neue Fragen ein, die von den zusammengetrommelten Fachleuten nicht beantwortet werden konnten oder wollten. Ist etwa zu befürchten, dass das Projekt unter keinem glücklichen Stern steht, wenn es nach dem fulminanten Anfang durch die ad hoc vom Bundestag bereitgestellten 200 Millionen Euro schon bei den ersten konkreten Details hakt?

Lieber erstmal zu den guten Nachrichten. Der Abstand zur Matthäikirche, die nach dem ursprünglichen Plan zu einem Appendix des künftigen Museums zu schrumpfen drohte, wurde oberirdisch von 8 auf 14 Meter, unterirdisch auf 10 Meter erhöht. Die Firsthöhe des neuen Gebäudes bleibt unterhalb der obersten Linie des Mittelschiffs, auch die Traufhöhe liegt tiefer. Dadurch werden die Apsiden der Kirche wieder sichtbar sein. Außerdem wurde die Gebäudekante nicht nur zur Sigismund-, sondern auch zur Potsdamer Straße zurückgesetzt, so dass der Neubau mit der Neuen Nationalgalerie in einer Linie steht.

Man beginnt sich zu fragen, was der Entwurf von Herzog & Meuron wert ist

Diese Zurücknahmen stellen eine Verbesserung auch für den Neubau dar, gesteht Architekt Mergenthaler unumwunden ein. Beim Erstentwurf hätte man den maximalen Platz auszunutzen versucht. Wie viele Quadratmeter dadurch verloren gehen, will er allerdings nicht genau verraten. Man habe vorher luftiger geplant, am Umfang der Ausstellungsfläche ändere sich nichts, wiegelt er weitere Fragen zu den Folgen dieser Umplanung ab. Die Kubatur des neuen Museums ist damit zwar endgültig festgelegt, allerdings erweist sich im Laufe des Gesprächs die äußere Erscheinung, die Haut des Gebäudes als Variable. Der aktuelle Entwurf zeigt ein Häkelkleid aus versetzt verbauten Ziegelsteinen, ähnlich dem Anbau der Tate Modern in London. Wie die Fassade endgültig aussehen soll, das ergebe sich erst in Absprache mit den Nutzern und nach langwierigen Materialexperimenten, kündigte Mergenthaler an. Das erstaunt denn doch: ein Neubau an solch prominenter Stelle zwischen den Architekturikonen Mies van der Rohes und Scharouns, über dessen materielles Antlitz noch nicht entschieden ist? Weitere Runden mit dem Landesdenkmalrat dürften ebenfalls auf dem Programm stehen.

Auch beim Wegesystem, einem weiteren Charakteristikum des Entwurfs von Herzog & de Meuron, will der Funke nicht überspringen. Die Besonderheit besteht in den beiden sich in der Mitte kreuzenden Achsen von der Piazzetta zur Staatsbibliothek und der Neuen Nationalgalerie zur Philharmonie, die das Gebäude zum Drehkreuz für das Kulturforum machen – zum Knotenpunkt zwischen Kunst, Literatur, Musik. Den unterirdischen Durchbruch zur Nationalgalerie wird es zur Eröffnung des Gebäudes allerdings noch nicht geben, deutete Hermann Parzinger an; für die Verbindung über die Potsdamer Straße zur Staatsbibliothek setzt Regula Lüscher nun auf die Verhandlungen mit dem nicht mehr bei der Stadtentwicklung untergebrachten Ressort Verkehr und Umwelt. Ja, eine Tempo-Reduzierung auf 30 Stundenkilometer hält sie für wünschenswert, nein, eine Untertunnelung sei keine gute Idee, wegen der just vor der Neuen Nationalgalerie und der Philharmonie aus dem Boden kommenden Rampen. Schon beginnt man sich bang zu fragen, was der Entwurf von Herzog & de Meuron denn wert ist, wenn die Verkehrsführung, die Lenkung des Publikums, die Passagen immer noch zur Debatte stehen?

Viel Fantasie ist weiterhin bei der Gestaltung des Kulturforums nötig

Und doch gelingt es der Senatsbaudirektorin, eine gewisse Vorfreude auf das künftige Umfeld zu entfachen, nach Jahren der Ödnis: Vorher sei da nur viel Raum gewesen. Durch das neue Museum beginne sich das Gelände zu definieren – mit Restaurant und Café am Matthäikirchplatz, Museumsshop an der Potsdamer Straße, begrüntem Scharounplatz vor der Philharmonie. Noch mehr appellierte Nationalgalerie-Chef Udo Kittelmann an das Vorstellungsvermögen. Auch das Guggenheim, das Centre Pompidou, selbst der Mies-van-de-Rohe-Bau seien erst im Nachhinein als Meisterwürfe erkannt worden. Wie hoch die genauen Kosten, wann die Eröffnung – darauf gibt es bislang keine Antwort.

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