Berlin Art Week: Farbvielfalt der Vereinigten Emirate
Eine Nation, über 200 Nationalitäten: Im Me Collectors Room porträtieren Künstler den Wandel in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie thematisieren Identitätsfragen - und spielen mit Klischees.
Hunderte von bunten Stofffetzen bedecken die runde Scheibe mit einem Durchmesser von 130 Zentimetern. Die Stoffe stammen aus Indien, aus Pakistan, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Khalid Al Bannas Werk begegnen sich symbolisch die über 200 Nationalitäten, die zur Zeit in den Vereinigten Emiraten leben und arbeiten. Sein „Kreislauf des Wandels“ ist eine von 20 Auftragsarbeiten für die Abu Dhabi Music & Arts Foundation, die sich in der Ausstellung „Portrait of a Nation“ im Me Collectors Room präsentiert. Hinzu kommen weitere 31 Künstler aus der Stiftungssammlung, die seit über 20 Jahren die bildenden Künste in den Vereinigten Emiraten fördert.
Doch wie definiert sich eine Nation von rund neun Millionen Einwohnern, von denen mindestens 80 Prozent Arbeitsmigranten sind und mit deren Hilfe sich der rasante Wandel in den letzten 40 Jahren vollzog? Die Künstlerin Amna Al Dabbagh versucht es mit einem beeindruckenden Spiegel, der den Umriss des Landes zeigt. Darauf steht das Wort „Vereinigte“ in jenen Sprachen, die dort gesprochen werden. Die Vereinigten Emirate sind eine junge Nation, die einem rasanten Wandel unterworfen ist. Das zeigt die Ausstellung in sieben Kapiteln: „Nation & Einheit“, Geografie & Natur“, Architektur & Urbanismus“, „Portait & Spiritualität“, „Sprache & Kalligraphie“ und „Tradition & Erbe“.
Hälfte der Teilnehmer sind Frauen
Der Land-Artist Mohammed Ahmed Ibrahim hat im unwegsamen Bergland von Khor Fakkan aus Steinen archaische Kultdome aufgeschichtet, die er in großformatigen Fotos dokumentiert. Die Veränderungen des Landes zeigt Reem Al Ghaith in ihrem großformatigen Foto „Frame Five“ von 2006: eine Baustelle mit Kränen, dahinter die futuristischen Hochhäuser Dubais und rechts einen Spiegel mit dem Bild einer Altstadtgasse mit einer verschleierten Frau – zehn Jahre zuvor noch ein gewohnter Anblick.
„Wir müssen uns auf unsere Vergangenheit besinnen, die sich auch in immateriellen Dingen wie dem Kaffeetrinken oder der Art, wie wir Besucher empfangen, niederschlägt“, sagt Sara Al Ahbabai, die acht Leuchtkästen mit dem Titel „Here’s What They Think of Me?“ von 2016 zeigt. Ein mutiges Spiel mit den Klischees über die Vereinigten Emirate, in denen angeblich das Geld auf den Bäumen wächst, die Mutter sich auf dem Sofa räkelt, während vier Nannys den Sohn versorgen, oder die Einheimische auf ihr Handy starrt, während die drei Ausländer die Arbeit machen. Teil der Identität? „Ich spiele damit, übertreibe. Aber ein Funken Wahrheit steckt auch darin“, so die Fotokünstlerin Sara Al Ahbabai mit einem Augenzwinkern.
An der Ausstellung beeindruckt, dass von den 20 Teilnehmern der Ausstellung die Hälfte Künstlerinnen sind, aber auch das ist typisch für die Vereinigten Emirate. Gerade die Frauen stellen sich Fragen nach der Identität. In ihren Werken kombinieren sie häufig Traditionelles mit Hightech wie Azza Al Qubaisi, die in ihrer Installation den Buchstaben „Dhad“ dreidimensional in eine Installation überführt.
Me Collectors Room Berlin, Auguststr. 68, bis 29. 10.; Mi bis Mo, 12–18 Uhr.
Die Ausstellung wird von einem breiten Veranstaltungsprogramm und einem Programm für Schuklassen und Studieren begleitet. Weitere Informationen unter www.me-berlin.com