Bildband "Deutsche Künstler im Exil 1933–1945": Exilmuseum auf Papier
Thomas B. Schumann sammelt Kunst von deutschen Malern, die vor den Nazis fliehen mussten - und später kaum Anschluss fanden. Mit einem beeindruckenden Bildband würdigt er nun ihr Leben und Werk.
Von einem solchen Buch haben die Künstler nicht einmal träumen können, deren Werke hier versammelt sind. Und das nicht nur, weil die Drucktechnik in den dreißiger, vierziger Jahren bei Weitem nicht so entwickelt war wie heute. Sondern weil sich so gut wie niemand für ihre Arbeit interessierte. Denn diese Künstler lebten im Exil.
Thomas B. Schumann, als Journalist, Ausstellungsmacher, Verleger tätig, hat so sein Lebensthema gefunden. Er sammelt Kunst von Malern, die vor den Nazis fliehen mussten und die, wenn sie nicht ohnehin von den Schergen des Regimes aufgespürt, deportiert und umgebracht wurden, später nie wieder Anschluss fanden an die Kunstszene wohlgemerkt beider Nachkriegsdeutschlands. Auch vorher hatten sie schon den Anschluss verloren, in den „,Gast-Ländern“ waren sie „nirgends willkommen“ – so konstatiert Schumann in der Einleitung des von ihm herausgegebenen Buches „Deutsche Künstler im Exil 1933–1945“, das Arbeiten von 71 Künstlern abbildet und erläutert, von denen der Herausgeber in seiner eigenen „Sammlung Memoria“ zum Teil mehrere Arbeiten bewahrt.
Es sind nicht alle vergessen, die in der langen Liste genannt werden; aber auch bei den Bekannteren, wie Heinrich Maria Davringhausen oder Max Lingner, Ludwig Meidner oder Xanti Schawinsky, ist der Riss in der Biografie und eben auch im künstlerischen Werk, den die Flucht ins Exil bedeutete, unübersehbar. Gewiss, die Lebenswege lassen sich nicht vergleichen, manche Künstler wurden in Südfrankreich interniert, als die Wehrmacht auch diesen Teil des Landes besetzte, andere hatten sich in ein zunächst geschütztes Abseits etwa auf den damals noch weidlich unberührten Balearen-Inseln begeben können, manch einer sogar nach Italien, wo die Kunstpolitik Mussolinis erstaunliche Freiräume zuließ. Manche gerieten mehrfach in Schwierigkeiten, wie Horst Strempel, der in der Weimarer Republik Kommunist wurde, nach Frankreich emigrierte, dort interniert und an Nazi-Deutschland ausgeliefert wurde, in der Wehrmacht dienen musste und in Kriegsgefangenschaft geriet, nach dem Krieg in die DDR ging und dort alsbald Schwierigkeiten bekam, dann nach West-Berlin übersiedelte und ein weiteres Mal verfemt war.
Es gibt noch immer kein Museum für Exilkunst in Deutschland
Das ist nur ein Beispiel. Aber es geht Schumann nicht in erster Linie um die Lebenswege, sondern um die Kunst, um die Würdigung, die bis heute aufgrund der Zeitläufte ausblieb. „Denn erstaunlicherweise existiert in Deutschland kein Ort der Erinnerung an das Exil. (...) Es gibt in Deutschland annähernd achttausend Museen zu jedwedem, mitunter geradezu skurrilen Thema – nur kein ,Museum des Exils‘“, beklagt er in seiner Einleitung. Dem ist nichts hinzuzufügen. Freilich lässt sich ein künstlerischer Nenner nicht finden, auf den die Werke der hier versammelten Künstler zu bringen wären. Es ist eine zumeist akademische, milde modern angehauchte Malerei, fast durchweg figurativ und farblich in gedämpfter Palette, eher Moll als Dur.
Man denkt an das Buch des Kunsthistorikers Rainer Zimmermann, „Die Kunst der verschollenen Generation. Deutsche Malerei des expressiven Realismus von 1925–1975“, das vor bald 40 Jahren eine ähnliche Würdigung oder überhaupt Kenntnisnahme von Künstlern der Weimarer Zeit bezweckte, allerdings nicht auf die späteren Umstände des Exils begrenzt. So schön jedenfalls, wie die Abbildungen auf dem beigefarbenem Papier von Schumanns Buch daherkommen, kann man sich eine gemeinsame Ausstellung der Werke gut vorstellen: eben als ein Museum des Exils. Hier ist es, zumindest auf Papier.
Thomas B. Schumann: Deutsche Künstler im Exil 1933–1945. Edition Memoria, Hürth 2016. 176 S. m. 160 Farbabb., 39,80 €.
Bernhard Schulz
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