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Mann mit Stil. Sir Peter Jonas.
© dpa / Ursula Düren

Sir Peter Jonas ist tot: Erst wurde er geschmäht, dann zur Ikone der Oper

Sir Peter Jonas wollte als Intendant in London und dann an der Isar eine „Oper für alle“ etablieren. Ein Nachruf.

Ein gewaltiger, stürzender Dinosaurier in Händels „Giulio Cesare“ stand am Beginn seiner Intendantenzeit in München und wurde, zuerst geschmäht, dann bejubelt, zu einer Ikone des Musiktheaters der 90er Jahre.

Sir Peter Jonas kam 1993 an die Bayerische Staatsoper und lüftete das in Ehren erstarrte Haus kräftig durch, furchtlos, voller Charme und gerne auch im Kilt, ein Mann mit Sendungsbewusstsein und Stilgefühl.

Als leidenschaftlicher Anhänger der Oper arbeitete der gebürtige Londoner schon während seines Studiums bei der Glyndebourne Festival Opera. 1974 folgte er der Dirigentenlegende Sir Georg Solti zum Chicago Symphony Orchestra, wurde vom Assistenten bald zum Künstlerischen Betriebsdirektor ernannt.

Mit 27 Jahren diagnostizierte man bei ihm zum ersten Mal Krebs, er lebte 45 Jahre mit der Erkrankung. Sie stimulierte trotz allem seinen Drang zum Leben, ließ ihn nach Arbeitstag und Abendvorstellung noch weiter ins Kino eilen. Nach vielen gesundheitlichen Rückschlägen startete er sein Fernwanderprojekt von Schottland bis nach Sizilien.

Das Handwerkszeug für erfolgreiche 13 Jahre an der Spitze der Bayrischen Staatsoper komplettierte Jonas als Generaldirektor der English National Opera. Er verschaffte dem ewig zweiten Opernhaus der britischen Hauptstadt eine Perspektive, öffnete das Haus für junge Zuschauer und scharte jene Regisseure um sich, die auch seine Münchner Ästhetik prägen würden: Richard Jones, David Pountney und David Alden.

Er stritt für Zugänglichkeit und Qualität

Mit ihnen wurden Barockopern plötzlich Pop an der Isar, Jonas vergab Kompositionsaufträge, machte Open-Air-Konzerte und Übertragungen auf den Max-Joseph-Platz möglich: „Oper für alle“, kopiert zum Beispiel von Daniel Barenboim Unter den Linden, war seine Erfindung.

Zugänglichkeit und Qualität, für beides stritt er vehement. „Ich bin stolz auf die deutsche Kultur“, betonte er. Sein Großvater, ein bekannter Strafverteidiger in Hamburg, nahm sich 1939 vor der Verhaftung durch die Gestapo das Leben, der nach London geflohene Vater sprach nie wieder ein Wort Deutsch. Jonas selbst lernte die Sprache erst jenseits der Vierzig.

Im Sommer 2006 endete seine Intendanz in München, neue Angebote lehnte er ab. Doch Jonas, für seine Verdienste um das britische Musikleben von der Queen geadelt, blieb nicht nur der Bayerischen Staatsoper verbunden. Er hielt blitzende Laudationen und zog gegen all jene zu Felde, die kulturelle Institutionen schwächen wollen. Den damaligen Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin nannte er einen „Philister und Kulturbanausen“. Am Mittwochabend ist Sir Peter Jonas seiner Krankheit erlegen, er wurde 73 Jahre alt.

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