zum Hauptinhalt
Helge Schneider, Musiker und Entertainer; fotografiert beim Interview.
© Thilo Rückeis

Helge Schneider live in Berlin: Erhabene Sinnlosigkeit

Helge Schneider ist wieder da: An drei Abenden spielt er sein Programm „Lass kNacken, Oppa!“ im ausverkauften Berliner Tempodrom.

Helge Schneider, wir lieben Dich! Dafür, dass Du dich daran erinnert hast, wie nett ein Bühnenleben sein kann, obwohl Du doch eigentlich schon in Rente warst und dich in die Abgeschiedenheit Südspaniens zurückgezogen hast.

Gleich dreimal hintereinander sorgt der 61-jährige Entertainer aus Mülheim an der Ruhr für sein aktuelles Programm „Lass kNacken, Oppa!“ für ein ausverkauftes Tempodrom. Dabei stolpert der Oppa im sandfarbenen Schlaghosenanzug, der enger nicht sitzen könnte, über die Bühne und verströmt mit seiner Kapitänsmütze unter den 3100 Zuschauern von Anfang an ein vorweihnachtlich exotisches Traumschiff-Feeling.

„Willkommen im Altersheim“, ruft der Retter der gepflegten Abendunterhaltung nach einem besonders schönen Saxofonsolo. Seine Augen funkeln listig, wenn er sich zwischen den Liedern immer wieder Zeit nimmt und die Pausen mit wortverknallten Ansprachen füllt, spontanen Eingebungen und Witzeleien über Andrea Berg, Udo Lindenberg, Elton John oder Berlin: „Die Stadt soll so arm sein, dabei stehen hier überall Geldautomaten!“. Mit dabei sind auch wieder seine beiden skurrilen Mitstreiter, Teekoch Bodo und der rauschebärtige Ausdruckstänzer Sergej Gleithmann, neben sechs Musikern, die ihm mit swingenden Jazz- Rhythmen und schunkeligen Schlagermelodien den Rücken freihalten.

Von Kraftwerk bis "Katzeklo"

Unnötig zu betonen, das dies astreine Musiker sind, die ihr eigenes, kitzeliges Verhältnis zu Instrument und Musik ausloten, während der Bandleader als irre Mischung aus Jerry Lewis und James Last über die Bretter stolpert und in seine bunte Instrumentensammlung greift, vom Saxofon zum Vibrafon, Klavier, Gitarre oder Trompete, bevor er wieder an der Hammond-Orgel sitzt und schwungvollen Swing-Jazz spielt („Sweet Georgia Brown“) oder am Moog-Synthesizer nach bizarren Tönen sucht und kurz Kraftwerks „Wir sind die Roboter“ anstimmt.

Dabei erklingen auch die vertrauten Melodien von unvermeidlichen Stimmungsliedern wie „Katzeklo“, „Wurstfachverkäuferin“, „Die Trompeten von Mexiko“ oder „Es gibt Reis, Baby!“, Helge-Hits, die für gute Laune sorgen und genüsslich in den Boden gestampft werden. Mal endet der Spaß in einem furiosen Schlagzeug-Duell mit dem famosen Superdrummer Pete York, der früher bei der Spencer Davis Group getrommelt hat und nach der Pause hinzukommt, dann wird mit freudestrahlendem Lächeln der leidvolle Klassiker „I Had The Blues“ vorgetragen und den weihnachtlichen Evergreens aus der Fußgängerzone „Feliz Navidad“ und „El Condor Pasa“ der Hals umgedreht.

Improvisation, Jazz, Schlager

Knapp zweieinhalb Stunden wuselt Helge Schneider durch ein Programm, das durch treffsichere Parodien und das Umdichten von Eigenkompositionen oder anderen Klassikern glänzt. Eine Mischung aus infantiler Standup-Comedy, die immer kurz davor ist, in einen Humor abzukippen, der furzende Saxofone lustig findet, und in einen Blödsinn höherer Ordnung, bei dem zum Tragen kommt, was Helge Schneider stets ausgezeichnet hat: diese erhabene Sinnlosigkeit. Und der damit verbundene Vorschlag, das Leben von der heiteren Seite zu nehmen. Ohne Anspruch auf irgendein Heil für die Welt, sondern um sich aneinander zu wärmen und gewisse Dinge kultisch zu pflegen, Freundschaften etwa oder diese Vorliebe für Improvisation, Jazz, Schlager und all den Quatschkram, mit dem man simplen Spaß haben kann.

Über einem chinesischen Schlaflied und der Geschichte vom „Meisenmann“, der im Chat eine verlogene Kuckucksfrau kennenlernt und später von ihr verspeist wird („So hart ist die Natur!“) bis zum total bekloppten „Fitze Fitze Fatze“ vergeht die Show jedenfalls viel zu schnell („Schade, aber normal“). Gerne hätte man noch weitergelacht bei diesem schrägen Liederabend, doch Oppa kommt ja bald wieder: Am 14. Juli spielt „Die singende Herrentorte“ in der Waldbühne. Was nur wenige wissen: Helge Schneider hat sechs Kinder von vier Frauen und ist natürlich auch Opa – und zwar gleich vier Mal. Ist das sexy und kNackig? Na, gerade.

Zur Startseite