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Die Rapper Farid Bang und Kollegah.
© Denis Ignatov

Kollegah und Farid Bang beim Echo: Erfolg mit Antisemitismus und Frauenhass

Menschenverachtende Texte im Deutschrap: Warum die Echo-Nominierung von Kollegah und Farid Bang nicht nur ein Problem des größten deutschen Musikpreises ist.

Dreißig Millionen Spotify-Streams in einer Woche – aber richtig hingehört haben offenbar nur Fans und abgestumpfte Geister. Anders lässt es es sich nicht erklären, dass das Album „Jung brutal gutaussehend 3“ von Kollegah und Farid Bang ungestört den vierten Platz der deutschen Jahrescharts 2017 erreichen konnte und deshalb auch eine Nominierung für den Echo erhielt. Der vom Bundesverband der deutschen Musikindustrie vergebene Preis wird am Donnerstag in Berlin verliehen und ist nun der Anlass, endlich einmal genauer auf das Werk des Duos zu schauen – und es erstmals auch hart zu kritisieren.

Letzte Woche entzündete sich vor allem um den Song „0815“ eine Kontroverse. Denn in der ersten Strophe rappt Farid Bang die Zeile „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“. Diese unfassbare Geschmacklosigkeit stieß nicht nur bei Holocaustüberlebenden auf Ablehnung. Der Echo ließ daraufhin seinen Beirat prüfen, ob die Nominierung bestehen bleiben kann.

Das Urteil fiel positiv aus, doch distanziert sich das Gremium von dem Album, dessen Auszeichnung es nicht empfiehlt. Die Wortwahl einiger Texte sei provozierend, respektlos und voller Gewalt. „Sie als Stilmittel des Battle-Raps zu verharmlosen, lehnen wir ab und möchten an dieser Stelle unsere deutliche Missbilligung gegenüber der Sprache und den getroffenen Aussagen unterstreichen“, heißt es im Statement des Beiratssprechers Wolfgang Börnsen.

Antisemitische Bildsprache in Kollegahs "Apokalypse"-Video

Die Rapper haben sich inzwischen halbherzig für die Zeile entschuldigt und Kollegah bietet seinen „jüdischstämmigen Hörern“ gönnerhaft lebenslang freien Eintritt bei seinen Konzerten an. Darauf werden sicherlich nicht viele eingehen, schließlich begibt sich Kollegah – bürgerlich: Felix Blume – nicht zum ersten Mal auf antisemitisches Terrain. Das Video zu seinem Stück „Apokalypse“ kann in seiner Symbolsprache eindeutig als judenfeindlich gelesen werden, wie etwa der Politikwissenschaftler Jakob Baier in einer Ende März veröffentlichten WDR-Doku nachweist.

Dass Kollegah, der als Teenager zum Islam konvertierte, am Ende des Lieds eine postapokalyptische Welt ohne Juden imaginiert, in der Buddhisten, Muslime und Christen die zerstörten Städte wiederaufbauen, spricht ohnehin für sich. Es verwundert also nicht, dass der Protest jüdischer Organisationen im vergangenen Jahr zur Absage eines Kollegah-Auftritts beim Hessentag in Rüsselsheim führte.

Sexismus kombiniert mit Gewaltfantasien

Dass die Frage nach dem Antisemitismus im Deutsch-Rap jetzt mit größerer Deutlichkeit gestellt wird, ist ein Gewinn. Es wäre auch eine gute Gelegenheit, den habituellen Sexismus und die notorische Homofeindlichkeit des Genres noch einmal in den Blick zu nehmen. Gerade bei diesen Themen häuft das Album „Jung brutal gutaussehend 3“ eine schockierende Anzahl von Widerwärtigkeiten an.

So wird von Frauen nahezu ausschließlich als Bitches, Fotzen, Huren und Schlampen gesprochen – oft kombiniert mit Gewaltfantasien. Hier zwei besonders krasse Beispiele: „Dein Chick ist ’ne Broke-Ass-Bitch, denn ich fick’ sie, bis ihr Steißbein bricht“ rappt Kollegah in dem Lied „Ave Maria“. Farid Bang, der eigentlich Farid Hamed El Abdellaoui heißt, gibt in „Frontload“ zum Besten: „Ficke deine Mutter heute syrer-mäßig/ Nachdem ich ihr mein Messer durch die Kehle führe/ Steck’ ich ihre Gliedmaßen in ’ne Rewetüte (ey).“

Das Vorgängeralbum wurde indiziert

Zur Rechtfertigung menschenverachtender Texte wird stets die Kunstfreiheit angeführt und argumentiert, dass es im Battle- und Gangster-Rap eben hart zugehe. Die Beleidigung als Kunstform. Sprachspiele, die man nicht zu ernst nehmen dürfe. Hierzulande kann dem zumindest die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Grenzen setzen. Im Falle des Vorgängeralbums „Jung brutal gutaussehend 2“ hat sie dies getan und das Album Anfang 2014 indiziert. Das heißt, dass es ist nicht mehr beworben werden und nur noch an Erwachsene verkauft werden darf. Auf Streamingportalen ist es beispielsweise nicht mehr zu finden. Die Prüfstelle befand damals, dass Inhalte des Albums jugendgefährdend seien, „weil sie verrohend wirken, zu Gewalttätigkeiten anreizen und Frauen und Homosexuelle diskriminieren.“

90 Millionen Mal wurde das Album bei Spotify gehört

Dies kann sicherlich auch von der aktuellen Platte gesagt werden. Allerdings hat die Behörde sie bisher nicht geprüft. Denn sie wird nur tätig, wenn dies von einer Jugendbehörde beantragt oder von einer anderen Behörde angeregt wird. Erst in der letzten Woche ist aufgrund des Echo-Wirbels eine solche Anregung bei der in Bonn ansässigen Stelle eingegangen. Selbst wenn es zu einer Indizierung kommt, ist das für einen Ausschluss vom Echo natürlich zu spät. Vermieden werden hätte die von Verkaufszahlen abhängige Nominierung des Albums, das bis heute allein bei Spotify 90 Millionen Mal abgespielt wurde, nur indem seine Verbreitung frühzeitig eingeschränkt worden wäre. Das hätte eine hohe Chartplatzierung ausgeschlossen.

So hat der Bundesverband der Musikindustrie wie im Falle der Rechtsrocker Frei.wild mal wieder einen problematischen Gast auf seiner Party. Seltsamerweise regt sich, anders als bei den Südtirolern, diesmal kein Protest seitens der anderen Nominierten. Vielleicht besinnen sich die Toten Hosen ja noch – sie sind wie die Hass-Rapper in der Kategorie „Bestes Album“ am Start.

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