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Suhrkamp-Bücher in einem Regal.
© dpa

Verfassungsgericht billigt Suhrkamp-Umwandlung: Ende gut, alles spannend

Karlsruhe hat entschieden: Der Suhrkamp Verlag darf in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Interessant und brisant bleibt es - denn auch bei Suhrkamp dürfte der Geist bald strengen wirtschaftlichen Kriterien folgen.

Man hatte es ja kaum noch für möglich gehalten: Dass der Streit der Suhrkamp-Gesellschafter vor diversen Gerichten irgendwann mal ein Ende finden würde, ein echtes, ein ultimatives Ende. Dem scheint man sich aber jetzt doch stark zu nähern: Das Bundesverfassungsgericht hat am Freitag früh den Antrag von Hans Barlachs Medienholding auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich des Suhrkamp-Insolvenzverfahrens und der Unwandlung von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft abgelehnt. Und es hat zugleich auch eine Verfassungsbeschwerde Barlachs als alleinigen Aktionär der Minderheitsgesellschaft zurückgewiesen, „da er die Betroffenheit in eigenen Rechten nicht hinreichend dargelegt hat“.

Das Bundesverfassungsgericht hat dabei vor allem die Nachteile gegeneinander abgewogen, die einerseits der Suhrkamp Verlag bei einem Erlass dieser Anordnung gehabt hätte und andererseits Hans Barlach, wenn sein Ersuchen, wie nun geschehen, abschlägig beschieden wird. Und es ist zu dem Entschluss gekommen, dass der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen und die Einbußen von Gläubigern, ja, die durch weitere Insolvenzplan-Verzögerungen durchaus realistische Zerschlagung des Verlags in keinem Verhältnis stehen zu den Nachteilen, die Barlach nun vermeintlich hat. Denn Barlach bleibt ja auch in einer Suhrkamp AG Anteilseigner „und würde auch im Falle einer Kapitalerhöhung“, so das Bundesverfassungsgericht in seiner Begründung, „noch immer mehr als 26 Prozent der Aktien halten.“

Karlsruhe steht hinter dem Insolvenzplan

Interessant ist, dass man in Karlsruhe eines der weniger erklärten, aber doch primär anvisierten Ziele des Insolvenzplans, nämlich Barlach den Einfluss auf die Verlagsgeschäfte zu entziehen, für völlig in Ordnung hält. Und dass er nun wirtschaftliche Nachteile erleide, hält das Gericht für „offen“: „In ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung behauptet die Beschwerdeführerin (also Barlach) diese lediglich, ohne sie näher auszuführen oder zu belegen.“ Zudem, auch sehr einleuchtend: Würde nicht auch Barlach viel größeren wirtschaftlichen Schaden erleiden, wenn der Verlag im kommenden Sommer tatsächlich zahlungsunfähig wäre?

Suhrkamp bekommt jetzt einen Aufsichtsrat

Nun darf er sich in Zukunft als Aktionär einbringen, durchaus produktiv, so wie er das schon einmal angekündigt hat. Und der Verlag wandelt seine Rechtsform um, bekommt einen Aufsichtsrat, bestehend aus dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum, dem Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger und der Ärztin Marie Waldburg, und nimmt höchstwahrscheinlich die einstigen Besitzer des Haarpflegekonzerns Wella, das Ehepaar Sylvia und Ulrich Ströher, mit ins Suhrkamp-Boot, auf dass diese für die dann dringend benötigte Kapitalerhöhung sorgen – und sich ansonsten, so wohl der Plan der Suhrkamp-Geschäftsführung, eher still verhalten mögen. Beim Bundesverfassungsgericht wird man derweil irgendwann im nächsten Jahr noch in einem sogenannten Hauptsacheverfahren klären, ob die Grundrechte der Minderheitsgesellschaft durch die Umwandlung verletzt worden sind. Was dann aber keinen Einfluss mehr auf die neue Rechtsform haben wird. Das Karlsruher Urteil dürfte ein Segen für den Berliner Verlag sein, nun lässt sich wieder planen. Spannungspotential gibt es bei Suhrkamp jedoch auch als AG genug: Kann man weiter machen wie bisher? Oder muss der Verlag nicht von Grund auf durchökonomisiert werden? Ende gut, alles gut? Ja und nein.

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