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Eine leicht schusselige Wunschfee tritt in der neuen Show als Reiseleiterin auf den Plan.
© promo

Neue Kindershow im Friedrichstadt-Palast: Eine turbulente Reise ins Reich der Märchen

Nicht jede Episode nimmt den erwarteten Verlauf: Die Show „Im Labyrinth der Bücher“ im Friedrichstadt-Palast wird auch Erwachsenen gefallen.

In ferne Welten tauchen, von der einsamen Insel über den Nottingham Forest nach Paris jetten, Abenteuer durchleben, Mutproben bestehen – das ist alles an der Spielkonsole mühelos möglich. Allerdings gibt’s da ja noch eine andere, etwas traditionsreichere Möglichkeit, sich den Thrill des „Mittendrin statt nur dabei“-Gefühls zu holen: das Lesen nämlich.

Genau daran erinnert jetzt die neue Young Show des Friedrichstadt-Palastes. Die heißt „Im Labyrinth der Bücher“ und dürfte nicht nur junge Zuschauer begeistern, sondern auch Eltern und andere Erziehungsbeflissene, die oft vergebens den hohen Wert der Literatur bewerben. „Alte Bücher neu betrachtet – mit jugendlichem Witz“, so fasst die Regisseurin Andreana Clemenz das Prinzip ihrer Inszenierung mit dem jungen Ensemble des Theaters an der Friedrichstraße zusammen.

„Im Labyrinth der Bücher“ geht auf eine Idee von Intendant Berndt Schmidt zurück und knüpft an die vorherige Young-Show „Spiel mit der Zeit“ an. In der, wir erinnern uns, war der Motor der Geschichte noch eine durchgedrehte Gaming-Konsole. Der Wackelkontakt katapultierte die Kinder Lea, Jule und Ben in andere Zeiten, ins alte Ägypten, den Wilden Westen, ins Mittelalter oder die Wiener Klassik.

Kinder treffen das Who-is-Who der Sagenwelt

In der Fortsetzung von Autorin Stefanie Froer – für deren Verständnis man, wie Clemenz versichert, ihre Vorgänger-Inszenierung nicht gesehen haben muss – tritt nun eine leicht schusselige Wunschfee aus dem Apfeltee als Reiseleiterin auf den Plan. Als Dschinn in der Ausbildung beherrscht diese Appelina keine elektronischen Kulturtechniken, sondern verhilft den jungen Fantasie-Globetrottern herrlich old school zum Einstieg in den Kanon der Märchen und Mythen.

Robin Hood, Die drei Musketiere, Robinson Crusoe, Schneewittchen und die sieben Zwerge – Lea, Jule, Ben und ihre neue Klassenkameradin Mayla treffen das Who-is-Who der Sagenwelt. Wobei die Klassiker zum einen „mit Detailreichtum und Leidenschaft ins Hier und Jetzt“ transportiert werden, wie Regisseurin Clemenz verspricht. Der heldenhafte Robin haust zum Beispiel mit seiner Hood im Wald, einer wirklich coolen Diebesgang. Zum anderen nimmt nicht jede Episode den erwarteten Verlauf. Das Theater macht’s möglich. „Was passiert, wenn die Kids in die Geschichte eingreifen und Schneewittchen vor dem vergifteten Apfel warnen?“, fragt Clemenz. Die Antwort gibt das „Labyrinth der Bücher“.

Die Show wird mit zwei Besetzungen geprobt

Über 280 Kinder und Jugendliche aus mehr als 20 verschiedenen Nationen umfasst das junge Ensemble des Friedrichstadt-Palastes. Die Young Show wird mit zwei Besetzungen geprobt, weil nicht ein Ensemble alle Vorstellungen durchspielen kann. Rund ein Jahr Vorbereitungszeit benötigt die Premiere. In großen Szenen stehen teilweise über 100 Kids auf der Bühne, auf dem Pariser Marktplatz der Musketiere zum Beispiel, und auch auf Robinsons einsamer Insel herrscht Gedränge – schließlich leben dort jede Menge Tiere, Möwen oder Lemuren darunter.

Viel Arbeit wird auch in die Kostüme (José Luna) und in das Bühnenbild von Jan Wünsche investiert. Da klappt etwa ein gigantisches Buch auf, mit einer Seite als Segel im Sturm. Keine Frage – die Young Shows werden am Haus kein bisschen weniger ernst genommen als die großen Revuen im Abendprogramm. Die tolle Dokumentation „Lampenfieber“, die vor und hinter den Kulissen während der Arbeit des jungen Ensembles an „Spiel mit der Zeit“ entstanden ist und auf der 69. Berlinale lief, hat das eindrücklich bewiesen.

Und all der Aufwand lohnt sich. Zum einen künstlerisch, versteht sich. Zum anderen ist es für Andreana Clemenz, die bereits ihre dritte Young Show inszeniert, auch einfach eine Freude, die Kinder und Jugendlichen „in ihrer Entwicklung ein Stück zu begleiten, sie wachsen zu sehen“. Wer weiß, welche Bühnenkarrieren manchen der Kids noch bevorstehen? „Sie leisten jedenfalls oft genau so viel wie ausgebildete Schauspieler“, schwärmt die Regisseurin.

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