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Der Friedrichstadtpalast in der Friedrichstraße ist am 22.08.2013 in Berlin Mitte am Abend stimmungsvoll beleuchtet. Die Beleuchtung spiegelt sich in einem Autodach.
© picture alliance / dpa

Ausstellung anlässlich 100-jährigen Bestehens: Friedrichstadt-Palast feiert Jubiläum

Der Friedrichstadt-Palast feiert sein 100-jähriges Bühnenjubiläum, schaut zurück und wirft einen Blick in die Zukunft. Alles, was das Programm zu bieten hat.

Kein Fernseher, kein Smartphone, kein Serien-Streaming: Wie haben sich die Berliner eigentlich vor 100 Jahren von der rauen Wirklichkeit abgelenkt? Antworten darauf sind demnächst im Foyer des Friedrichstadt-Palastes zu sehen. Am 17. September beginnen dort die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Hauses.

Dazu gehört auch eine Ausstellung im Foyer, die für Passanten, Touristen und überhaupt alle Interessierten geöffnet sein soll. Das gab jetzt Verwaltungsdirektor Guido Herrmann bekannt. Er ist federführend für das große Bühnenjubiläum zuständig und ein bekennender Fan von offenen Häusern. Unter dem Motto „Ein Jahrhundert Palast“ wolle man Geschichte und Geschichten zeigen und Fenster öffnen für die Bevölkerung.

Als die Bühne, aus der der heutige Friedrichstadt-Palast hervorging, vor 100 Jahren mit der „Orestie“ eröffnete, einer Aischylos-Inszenierung des visionären Theatermachers Max Reinhardt, befand sie sich noch nicht am jetzigen Ort, sondern östlich vom Theater am Schiffbauerdamm, dort, wo sich heute der Philipp-Starck-Bau an der Adresse Am Zirkus 1 erhebt.

Damals firmierte das Haus noch unter dem Namen „Großes Schauspielhaus“, während der Nazi-Zeit war es dann das „Theater des Volkes“. In der nahen Friedrichstraße tobte in den 20er Jahren mit etwa 200 Theatern das bunte Leben. Auf dem sumpfigen Grundstück des Schauspielhauses hatte sich zuvor eine Markthalle befunden, dann residierten dort verschiedene Zirkusse, daher auch die Adresse.

„Wir verzichten auf die Einnahmen.“

Man habe bei den Recherchen für die von der Stiftung Stadtmuseum unterstützte Ausstellung auch Bilder gefunden von Kindern, die auf Tigern reiten, erzählt Guido Herrmann. Die Zeiten waren damals nicht zimperlich. Noch ein Fundstück wird die Ausstellung rund um den Palast bereichern. Vor drei Jahren wurde ein Fassadenteil der alten Markthalle in einem Kreuzberger Hinterhof entdeckt. Es wurde restauriert und wird am 17. September in der Johannisstraße neben dem Friedrichstadt-Palast aufgestellt. Schon länger hat man zudem die Archive durchforstet, hat Audio- und Videosequenzen vorbereitet, um die Geschichte des Hauses anschaulich zu erzählen. Erinnerungen sollen geweckt werden, auch an große Star-Auftritte, an Josephine Baker und Shirley Bassey, Claire Waldoff, Marlene Dietrich und Ute Lemper. Aber auch die großen Kostümbildner der jüngsten Shows kommen zu Wort, Jean-Paul Gaultier und Thierry Mugler.

Mit einer ganz originellen Idee wird am 29. November der große Festakt zum ersten dreistelligen runden Geburtstag begangen. Eine Veranstaltung nicht etwa für VIPs, sondern für ganz normale Berlinerinnen und Berliner, Freunde und Fans des Hauses. Einladungen für die Sondervorstellung der aktuellen Show „Vivid“ werden zum Beispiel an Polizei und Feuerwehr geschickt, an Krankenhäuser und Pflegedienste. „Wir haben nicht mal unseren Aufsichtsrat eingeladen“, betonte Guido Herrmann. Es soll ein Geschenk an die Stadt Berlin werden: „Wir verzichten auf die Einnahmen.“

Auch im kommenden Jahr Schauplatz der Berlinale

Dieser Festakt wird so ganz im Sinne von Max Reinhardt zelebriert. Der wollte 1919 bewusst ein Theater für die arbeitenden Massen aufbauen, weshalb es nicht nur 600 Plätze gab, wie in den meisten anderen Theatern, sondern 5000. Mit großen Revuen wirkte dort der Regisseur Erik Charell prägend für das heute allgegenwärtige Bild der Goldenen Zwanziger.

Viele weitere Projekte sind in Arbeit: Im Stadtbild soll es in Kooperation mit der Firma Wall eine Ausstellung zu 100 Jahren Plakat- und Bühnengeschichte geben. Im Rahmen einer Videoinstallation soll das Innere des Großen Schauspielhauses wieder sichtbar werden. Zwei Forschungsaufträge befassen sich mit der Geschichte des Theaters in den Zeiträumen von 1933 bis 1945 und von 1945 bis zum Mauerbau 1961.

In Kooperation mit dem Lette-Verein kommen im Februar historische Kostüme im Rahmen von Modenschauen im kleinen Kreis auf die Bühne. Hier lautet das Motto: „Dressed to Dance“. Auch im kommenden Jahr wird der Friedrichstadt-Palast die größte Spielstätte der Berlinale sein.

Magnet für Touristen

Unter anderem gibt es Max Reinhardts Inszenierung von „A Midsummer Night’s Dream“ aus dem Jahr 1935 zu sehen. Das Junge Ensemble, das jedes Jahr mit eindrucksvollen Weihnachtsaufführungen glänzt und aus 250 begabten und engagierten Kindern im Alter zwischen 6 und 14 Jahren besteht, gibt es ebenfalls bereits seit mehr als 65 Jahren. Es wird Gastgeber eines großen Kinderfestes sein, das zum Weltkindertag im Juni 2020 organisiert wird.

Geplant ist für nächstes Jahr auch eine Ausstellung über 100 Frauen, die in der Geschichte des Palastes eine Rolle spielten. Um Zukunft und Nachhaltigkeit wird es dann auch noch gehen. „Wir haben eines der größten Dächer der Stadt. Das wollen wir im nächsten Jahr begrünen“, kündigte Herrmann an.

Der Friedrichstadt-Palast trägt seinen jetzigen Namen seit 1949 und fasst 1899 Besucher. Davon kommen 60 Prozent aus Berlin und dem näheren Umland. Aber auch für viele ausländische Touristen ist er ein beliebtes Ziel. Das heutige Gebäude eröffnete am 27. April 1984 in der Friedrichstraße 107 und gilt derzeit als größte Theaterbühne der Welt.

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