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Bis vor kurzem als Album unveröffentlicht: Eine Seite aus „Die Sache mit Frauke“.
© Reprodukt

Berliner Comic-Klassiker: Eine Riesenschweinerei - „Didi & Stulle“ komplett

18 Jahre „Didi & Stulle“: Die jetzt veröffentlichte Gesamtausgabe führt noch einmal die Stärken der Reihe vor Augen - zeigt aber auch, wieso Fil gut daran tat, die Serie zu beenden.

Als Fil im Mai 2015 das Ende von „Didi & Stulle“ verkündete, war das ein kleiner Schock: 18 Jahre lang pöbelten und philosophierten sich die zwei Schweine namens Dieter Kolenda und Andreas Stullkowski in breitestem Berlinerisch durchs Zeitgeschehen, studierten, brachen ab, wurden geklont, reisten durch die Zeit, tranken Bier, trafen David Bowie, Angela Merkel, Gott und natürlich den Sozialpädagogen Rainer (seit 20 Jahren ohne staatliche Förderung). Von 1997 bis 2015 waren ihre Abenteuer zweiwöchentlich in der „zitty“ erschienen. Das war saukomisch, das war klug, das war obszön, das war Zille für die Generation Hartz IV, das war „wie Werner, nur verschärfta“ (Stulle). Das sollte auf einmal vorbei sein?

Zu Recht in die Outtake-Kiste gewandert

Ja, das war es, doch mit der raumgreifenden „Didi & Stulle Gesamtausgabe“ hat Fil, der sich mittlerweile als Romanautor betätigt, nun ein angemessenes Abschiedsgeschenk auf den Markt geworfen: drei schwere Hardcover-Bände mit massig Bonusmaterial im Schuber, dazu ein Poster und das Mini-Album „Danger in Moskau“, das schon 2007 hatte erscheinen sollen und von Didi und Stulles erstem Zusammentreffen (im Kalten Krieg) erzählt.

Ey Alta. Comiczeichner Fil in seinem Atelier in Prenzlauer Berg.
Ey Alta. Comiczeichner Fil in seinem Atelier in Prenzlauer Berg.
© Thilo Rückeis

Dazu gibt es zu jedem Album überaus kurzweilige Kommentare von Fil alias Philip Tägert, deren Wahrheitsgehalt jedoch schwanken dürfte. So erfahren wir, dass Fil die Idee zu „Didi und Stulle“ von der Cartoonistin Renate Alf geklaut und den Comic, in dem Gott und der Teufel LSD nehmen, tatsächlich (zwei Wochen) nach einem Trip gezeichnet habe.

Für Fans am spannendsten dürfte das unveröffentlichte Bonusmaterial sein, unter anderem die ersten Comics aus den frühen 80ern: Stulle noch etwas charakterlos, Didi klar als Rocker erkennbar, der Ton dementsprechend derb. Abgedruckt sind aber auch Etiketten von Didi & Stulle-Schokolade, -Stickern und sogar Streichholzschachteln sowie angefangene Strips und Entwürfe, von denen jedoch viele – etwa „Die Ballade vom Wunderkarpfen“ oder „Die Schmonzette vom Scheißschiff“ – zu Recht in die Outtake-Kiste gewandert sind.

Ruhige Hand: Fil zeichnet Didi.
Ruhige Hand: Fil zeichnet Didi.
© Thilo Rückeis

Ein Wermutstropfen ist, dass die brillanten Klappentexte der (oft vergriffenen) Original-Alben nicht abgedruckt wurden, auch wenn die mit dem Inhalt meist wenig zu tun hatten.

Der Blick aufs Gesamtwerk offenbart bei aller Großartigkeit der prollig-genialen Dialoge, der schrägen Nebenfiguren und der komischen Beziehungsdynamik zwischen Didi und Stulle aber auch, dass Fil gut daran getan hat, die Serie zu beenden. Im Vergleich zu den ersten sieben Alben fallen die letzten Bände qualitativ ziemlich ab. Es ist Fil anzumerken, dass er nicht mehr so recht wusste, was er mit seinen Figuren machen sollte.

Umso interessanter das bislang als Album unveröffentlichte Drama „Die Sache mit Frauke“: Hier schickt Fil Didi erstmals in eine feste Beziehung. Damit, so muss er selbst erkannt haben, sind die Geschichten um Didi und Stulle auserzählt. Aber, um mit Fil zu sprechen: „Manchmal schlafen Ideen einfach ein, dann soll man sie nicht wecken.“

Berliner Jungs: Didi und Stulle auf einem Cover der mehrbändigen Gesamtausgabe.
Berliner Jungs: Didi und Stulle auf einem Cover der mehrbändigen Gesamtausgabe.
© Reprodukt

Fil: Didi & Stulle Gesamtausgabe, Reprodukt, 736 S., 99 €.

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Erik Wenk

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