Sanja Iveković in der DAAD-Galerie: Eine Monument für die Revolution
Die Ausstellung "Ich war, ich bin, ich werde sein" von Sanja Iveković in zeigt ein eigentlich gescheitertes Projekt der Künstlerin. Was dem Werk fehlt? Der übliche freche Dreh
Der Frosch sitzt auf seinem Sockel und will geküsst werden. Das Mädchen aber steht davor und traut sich nicht. Liegt es am Frosch oder an der jungen Frau? In der „Waiting for the Revolution till tomorrow“ überschriebenen Serie mit Zeichnungen von Sanja Iveković bleibt emanzipiertes Verhalten ein ewig aufgeschobenes Versprechen. Die kroatische Künstlerin hat die Arbeit im Jahr 1982 begonnen und nun für ihre Ausstellung in der DAAD-Galerie auf den neuesten Stand gebracht. Sanja Iveković, 1946 in Zagreb geboren, tritt seit den siebziger Jahren als explizit feministische Künstlerin auf. In ihrem Werk, das sich vornehmlich der Fotografie und der Collage bedient, untersucht sie das Spannungsfeld von Idealen und Identitäten. Nach dem Zerfall Jugoslawiens beginnt sich die Künstlerin zunehmend mit dem Verhältnis von Propaganda und Erinnerung zu beschäftigen.
Ihren großen Auftritt in Deutschland hatte sie vor acht Jahren bei der Documenta 12 in Kassel. Ihr auf dem Kasseler Friedrichsplatz gepflanztes rot blühendes Mohnfeld lenkte die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Es zog eine Verbindungslinie zwischen den Schlachtfeldern der beiden Weltkriege und den Opiumfeldern Afghanistans. Die Arbeit mit dem Titel „The Disobedient“ (Der Ungehorsame) der Documenta 13 geht zurück auf ein Pressefoto der Hessischen Volkswacht aus dem Jahr 1933. Es zeigt einen Nazi, der einen Esel hinter Stacheldraht zur Schau stellt – als Warnung an alle Mitbürger, nicht bei Juden zu kaufen. Sanja Ivekovic verwandelte den sturen Esel in einen Widerstandshelden und setzt ihm ein Denkmal. Fünf Jahre nach dem Mohnfeld präsentierte sie in der Neuen Galerie Spielzeugesel, denen sie die Namen von Widerständigen gibt.
Kraft aus Unbehagen
Die Ausstellung in der DAAD-Galerie mit dem Titel „Ich war, ich bin, ich werde sein“ arbeitet nicht ganz so augenfällig. Sie stellt ein gescheitertes Projekt der Künstlerin während ihres Berlin-Aufenthalts als Stipendiatin vor. Mit ihrem „Monument to Revolution (after Mies)“ wollte sie Mies van der Rohes Denkmal für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht rekonstruieren. Mies hatte das Monument 1926 als Klinkerbau im Auftrag der KPD für den Friedhof Friedrichsfelde im Bezirk Lichtenberg in der Nähe der beiden Gräber errichtet. 1933 zerstörten die Nazis das Mahnmal. Im letzten Jahr schlug Iveković der dänischen Stadt Aalborg vor, den Bau zu rekonstruieren – in einer konzertierten Aktion politisch engagierter Organisationen, darunter Gewerkschaften und Frauenrechtlerinnen. Für die Aktualisierung recherchierte sie die Geschichte liberaler, linker und bürgerlicher Aufstände von 1905 bis 2015, vom Widerstand gegen Zar Nikolaus II. bis zum Sieg über den IS in Kobane.
Das Projekt entwickelt seine Kraft aus dem Unbehagen, das es provoziert. In der Kreuzberger Zimmerstraße, unweit des früheren Mauerstreifens, wirkt das revolutionäre Pathos hohl und gestrig. Aber die Künstlerin entlarvt mit dem Denkmalentwurf auch die Gefahr, mit den Ideologien gleich die ganze Geschichte linker Emanzipationsbestrebungen zu entsorgen. „Ich war, ich bin, ich werde sein“ zitiert einen letzten Brief von Rosa Luxemburg aus dem Gefängnis, die Prophezeiung der Revolution.
Während Sanja Iveković mit ihren anderen Arbeiten den Abgrund zwischen öffentlicher Behauptung und individueller Realität öffnet, fehlt ihrer Berliner Präsentation der freche Dreh, die präzise Pointe. Da verwundert es kaum, dass Aalborg das Monument ablehnte.
DAAD-Galerie, Zimmerstr. 90, bis 1. August; Mo bis Sa 11 – 18 Uhr.
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