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Immer schön locker bleiben. Szene aus der „Fledermaus“.
© Matthias Heyde

"Fledermaus" an der Neuköllner Oper: Eine Gina-Lisa, wie ich sie noch nie sah

Es wird erotisch aufgerüstet im Hause Eisenstein: Die Neuköllner Oper zeigt Johann Strauß’ „Fledermaus“ in aktualisierter Form - Zutritt ab 18 Jahren.

Dass etwas passiert sein muss mit der „Fledermaus“ von Johann Strauß, verrät schon der dezente Hinweis „Eintritt garantiert ab 18“, mit dem die Neuköllner Oper für ihre Neuaneignung des Operettenklassikers wirbt. Und tatsächlich will sich das Team um die Regisseurin Julia Lwowski, die Kostüm- und Bühnenbildnerin Yassu Yabara sowie den Komponisten und Arrangeur Tobias Schwencke nicht mit den frivolen Andeutungen begnügen, von denen das Werk durchzogen ist.

Es wird also erotisch aufgerüstet im Hause Eisenstein, dessen zankend und kopulierend zusammenlebende Gebieter ihr Geld wohl als Anbieter entsprechender Dienstleistungen verdienen, während Kammermädchen Adele zu einer abhängig Beschäftigten mit Künstlerinnenseele mutiert, die sich Gedanken über die Ästhetik von Sade-Pornos macht. Auch im weiteren Verlauf funktioniert das neue Setting verblüffend gut: Immer wieder können ganze Abschnitte des Originals in dem ansonsten sprachlich aktualisierten und unter anderem durch herrlich genau beobachteten Partytalk erweiterten Text unverändert stehen bleiben und witzig fortwirken.

Das Experiment gelingt

Dass die Aufführung weit mehr zu bieten hat als eine erotisierte Aktualisierung einer betulich gewordenen Operette, liegt nicht nur an der Freiheit, mit der die für Akkordeon, Saxofon, Kontrabass und Klavier arrangierte Partitur behandelt und mit anderen Stilen überblendet wird, sondern generell an der Kunst des Übergangs, den das Team auf vielen Ebenen beherrscht. Live-Cam und Bühnenaktion, Pause und Bühnenparty, Strauss und Dancefloormucke, Ästhetisierung und Anschaulichkeit gehen ineinander über, während sich die Handlung einer szenischen Reflexion über Sacher-Masochs fast zeitgleich mit der Operette erschienenen Roman „Venus im Pelz“ nähert.

Das Experiment gelingt dank der Vielseitigkeit, Einsatzbereitschaft und stimmlichen Qualitäten des Casts, der von Nadezda Zelujkina und Roman Lemberg musikalisch geleitet wird: Thorbjörn Björnsson als unbarmherzig triebgesteuerter Eisenstein und Hrund Ósk Árnadóttir als spitzentonfeste Rosalinde überzeugen ebenso durch ihre Präsenz wie David Ristau (Falke) mit seinem schön timbrierten Bariton und Sujin Bae mit Adeles facettenreicher Lacharie. Prinz Orlowsky gibt es gleich doppelt: Ein starkes Gespann aus Lust und Liebe sind die volumenstarke Mezzosopranistin Vera Maria Kremers und die grandios dampfplaudernde Gina- Lisa Maiwald.

Weitere Aufführungen bis 26. Februar

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