Ersatz für die verschobene Bond-Premiere: Ein Quantum Trost
„Keine Zeit zu sterben“? Ein Buch zu den 007-Autos könnte darüber hinweghelfen, dass der Film erst im November startet.
Das hat jeder Autofahrer schon mal erlebt. Man kommt zu seinem Wagen und er ist zugeparkt – keine Chance, der Lücke zu entkommen. Dem Alltagsfahrer bleibt jetzt nur noch zu warten und zu hupen, der Filmmensch dagegen lässt seine Fantasie spielen und hat bald eine Lösung: Rammstoßstangen! Wie die in James Bonds Aston Martin DB 5.
Eine Idee von Ken Adam, dem Production Designer von „Goldfinger“, als dieser mit seinem Wagen mal wieder hoffnungslos eingekeilt war. So hat es Guy Hamilton erzählt, Regisseur des Films, in dem der legendäre Agentenflitzer 1964 seinen ersten, stürmisch bejubelten Auftritt hatte. Allerdings, zum Einsatz kamen die ausfahrbaren Stangen damals nicht.
Eine der zahlreichen Anekdoten, die 007-Experte Siegfried Tesche in seinem neuen Buch versammelt hat: „James Bond – Motorlegenden“. Pünktlich zum zunächst geplanten Filmstart von „Keine Zeit zu sterben“ ist es erschienen, der aber angesichts der Coronakrise auf den November 2020 verschoben wurde. So dient das Buch nun als ein Quantum Trost: Immerhin erfährt der autoaffine Agentenfan schon einige Details über die Dreharbeiten. Der DB 5 war selbstverständlich wieder dabei.
Die wildesten Verfolgungsjagden – der Filmtrailer legt dies nahe – finden wohl im Oldtimer statt, der schon jetzt mit einer „Screen Time“ von insgesamt 20 Minuten, 18 Sekunden in sieben Bond-Filmen weit vorn an der Spitze liegt, gefolgt von dem sogar tauchfähigen Lotus Esprit aus „Der Spion, der mich liebte“ mit 9 Minuten, 51 Sekunden. Eine steile Karriere für den silberfarbenen Wagen und für den britischen Hersteller ein Werbeerfolg, aus dem fast nichts geworden wäre. Denn anfangs wollte man bei Aston Martin keinen Wagen gratis rausrücken, sodass Co-Produzent Harry Saltzman sich schon nach Alternativen umsah, den Jaguar E-Type beispielsweise, den dann G-Man Jerry Cotton fuhr.
Der Hersteller des Aston Martin ließ sich zwei Mal bitten
Erst im erneuten Versuch wurde die Firmenspitze überzeugt, rückte sogar einen zweiten Wagen raus, baute später zu Werbezwecken zwei Replikas mit Bond-spezifischer Ausstattung, eine noch sehr überschaubare Fahrzeugflotte. Bei den Dreharbeiten zum neuen Bond dagegen, am Set im süditalienischen Matera, waren laut Tesche zehn Fahrzeuge in unterschiedlichem Zustand zu sehen, freilich allesamt Replikas, die Produktion des Wagens endete 1965. Und auch ein weiterer Oldtimer, der Aston Martin V8 Vantage aus „Der Hauch des Todes“ (1987), kommt noch einmal zum Einsatz.
Wie bescheiden hatte doch Bonds automobile Laufbahn angefangen. Für seine allererste Verfolgungsjagd, 1962 in „007 jagt Dr. No“, musste die Produktion auf Jamaika den eingesetzten Wagen noch von dessen Besitzerin mieten, einen Sunbeam Alpine Serie 2 für zehn Pfund pro Tag. Agententechnische Finessen? Keine, wenn man von der niedrigen Silhouette absieht, die es Bond, anders als seinen Verfolgern, erlaubte, unter dem Ausleger eines Baggers durchzurauschen. Um den Wagen noch tiefer zu legen, hatte man Luft aus den Reifen gelassen, dennoch wäre Stuntman Bob Simmons fast skalpiert worden, weil der Wagen auf der Kiespiste kleine Hüpfer machte.
Aber den spektakulärsten Autostunt gab es in „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974), als Bond in einem feuerroten AMC Hornet Hatchback einen Spiralsprung über einen Kanal hinlegte: Von Rampe zu Rampe waren es exakt 15,86 Meter. Die für 007 etwas ungewöhnliche Marke erklärte sich dadurch, dass US-Rennfahrer Jay Milligan, der den Sprung für eine Stuntshow erfunden hatte, auf seinen eigenen Fahrzeugen bestand. Ausgeführt wurde er dann von dem Fahrer Loren „Bumps“ Willert. Gesamtgewicht, Tempo, Rampenform – alles war exakt per Computer berechnet worden. Die Folge war ein fehlerloser Flug und 2010 ein Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde.
Den Moon Buggy ersteigerte ein anonymer Liebhaber
Das Schwelgen in Bond-Anekdoten wird bei Tesche ergänzt durch eine penible Recherche über die Film- und Realgeschichte der elf vorgestellten Fahrzeuge. Neben Legenden wie dem DB 5 und dem Lotus Esprit sind das ausgefallenere Exemplare wie der Citroën 2 CV aus „In tödlicher Mission“ (1981), der von Bond-Girl Aki gefahrene Toyota 2000 GT aus „Man lebt nur zweimal“ (1967) oder der Moon Buggy aus „Diamantenfieber“ (1971), den man im Planet Hollywood Casino in Las Vegas besichtigen konnte, bis er an einen anonymen Käufer versteigert wurde.
Unbekannt ist auch der Verbleib des allerersten gebauten DB 5, des einzigen mit dem offiziellen Bond-Nummernschild BMT 216 A. Nach wiederholtem Besitzerwechsel war er 1986 von Anthony Z. Pugliese III, dem Präsidenten der Filmtrek Pictures, für 275 000 Dollar ersteigert worden. Elf Jahre später wurde der Wagen aus einem Hangar in Florida gestohlen, die Versicherung musste zahlen. Über den weiteren Weg des Oldtimers gab es diverse Gerüchte. Offenbar hat die Versicherung noch immer Hoffnung, ihr Geld zurückzubekommen. Ein Kunstdetektiv der auf solche Fälle spezialisierten Firma Art Recovery International wurde mit dem Fall beauftragt, behauptet sogar, den aktuellen Besitzer zu kennen, will sich mit ihm aber noch nicht geeinigt haben. Bond, übernehmen Sie!
Den Vontage Volante fährt Daniel Craig auch privat
Privat fuhren nur zwei der sechs Darsteller zeitweise einen Aston Martin. Nach Tesches Recherchen besaß Pierce Brosnan einen V12 Vanquish, wie er ihn auch in seinem letzten Bond-Film „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) steuerte. Daniel Craig erwarb neben einem Vanquish in Midnight-Blue, den er für einen guten Zweck versteigern ließ, einen roten Vantage Volante.
Die Frage nach dem Fahrgefühl gehört zum Standardrepertoire bei Begegnungen mit Craig, so auch bei der Berliner Premiere von „Skyfall“ (2012). Die Antwort fiel ambivalent aus: „Das hängt vom Aston Martin ab, aber der DB 5 ist wunderbar. Noch mit Knüppelschaltung, 45 Jahre alt. Er riecht ein bisschen nach Benzin, ein bisschen nach Leder, lässt sich sehr schwer steuern, aber wenn er richtig läuft, hat er einen wunderbaren Sound.“ Anlässlich der Berlin-Premiere von „Spectre“ fiel Craigs Urteil auf die Frage, ob er dem DB 5 oder dem DB 10 den Vorzug gebe, noch reservierter aus: „An einem kalten Morgen? Der DB 10. Der startet wirklich.“ Offenbar besitzt der Oldtimer Eigensinn. Den hatte er schon bei den Dreharbeiten zu „Goldfinger“ bewiesen. Ausgerechnet bei der finalen Verfolgungsjagd stotterte der Motor. Nicht alle sechs Zylinder wollten mitspielen.
Andreas Conrad
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