Der Berlinale-Bär: Ein Poster für alle Felle
Die Berliner lieben ihren Bären, besonders auf den Berlinale-Plakaten. Aber wehe, sie sind unrealistisch.
Das Symbol Berlins ist bloß eine Silbe, die – je nach Schreibweise – Verzweiflung oder Verzückung provoziert. Mit E schreit sie in kapitalen Lettern das Versagen am Hauptstadtflughafen heraus: BER. Mit Ä heißt es bloß: „Wie niedlich!“ Die Berliner lieben ihren Bären. Trist-grau begrüßt er Anreisende im Stau auf der Avus, bunt lackiert vor jeder Halbwegs-Sehenswürdigkeit. Und selbst dem miesepetrigsten Berliner brach es das Herz, als Knut 2011 viel zu früh noch kälter und bleicher wurde, als es sich für einen Eisbär gehört.
Und erst der Berlinale-Bär! Die Taschen sind Kult, die Plakate begehrt, im vergangenen Jahr nahm der Hype sogar noch einmal zu. Eine Schweizer Agentur hat echte Bären mitten in die Hauptstadt drapiert, dieses Jahr wieder. Es sind natürlich Fotomontagen, Grizzlys im Gleisbett – die Ansage hat nicht einmal die BVG auf Taste.
Die Plakate sind unrealistisch, nörgeln die Nörgler. Das ist richtig. Man findet zwar allerlei Skurriles in den Kiezen, doch großes Gezottel höchstens im Gesicht der Neuköllner Hipsterschaft. Aber nein, das ist es nicht. Die Spurbreite ist falsch! Wache Beobachter haben bemerkt, dass die U-Bahn auf dem Festivalposter 2016 im falschen Bahnhof steht. Da hört der Spaß dann doch auf.
Die Agentur, nun in Sorge, ihr schwämmen die Felle davon, wollte es 2017 besonders realistisch und erwog, diesen Bärenkostüm-Sammler aus Amerika anzuheuern. Einen findigen Geschäftsmann, der angibt, sich wie ein Bär darin bewegen zu können. Doch die Kreativen beschlich das ungute Gefühl, der Amerikaner könnte ihnen, nun ja, einen Bären aufbinden. Also griffen sie wieder auf Fotomontagen zurück.
Das sieht nun recht überzeugend aus, flauschig und berlinisch zugleich – der Bär ist vom Eis. Dass ein Braunbär mit einer Fliesensäule schmust, wie schön. Man wünschte ihm nur, das Rendezvous fände nicht gerade in der schmuddeligen ICC-Unterführung statt.