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Schönes Fotomotiv, schrecklicher Ort. Wer hier zum ZOB will, geht gerne ein paar Schritte schneller. Jahrelang war dies ein Grusel-Ort für ZOB-Reisende.
© Imago

Berlin-Charlottenburg am ZOB: Der Tunnel des Grauens – Kenner meiden ihn

Es stinkt erbärmlich, Fußgänger gruselt’s: Der Tunnel zum Zentralen Omnibusbahnhof ist seit Jahren ein Unort. Nun mischen Star-Architekten mit, die schon New York verändert haben.

Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass ein weltweit tätiges Architektenteam aus Kopenhagen, das schon berühmte Plätze wie den Times Square in New York umgestaltet hat, sich mit dem maroden Fußgängertunnel und der Kreuzung zwischen dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) und dem S-Bahnhof Messe Nord / ICC in Charlottenburg befasst.

Auf Einladung von Stadtentwicklungs- und Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) beteiligt sich das dänische Büro Gehl Architects seit Montag an einem Stadtforum und Workshops zum Thema „Wem gehört die Straße?“.

Autogerechte Planung aus den 60er bis 70er Jahren

Die Dänen hätten einen „Unort“ für Fußgänger und Radfahrer gesucht, sagt Bezirksbaustadtrat Marc Schulte (SPD). Da sei ihm natürlich die Kreuzung zwischen der Neuen Kantstraße, dem Messedamm und der Masurenallee eingefallen. Burkhard Horn, der die Verkehrsabteilung in der Senatsverwaltung leitet, war auf dieselbe Idee gekommen. Er nennt die Kreuzung und die Unterführung ein Relikt der „autogerechten Stadt“.

Wer den Tunnel kennt, geht lieber nicht hinein

Die Probleme werden immer deutlicher, seit die Fahrgastzahlen am ZOB rasant steigen. Weil es zwischen dem Omnibus- und dem S-Bahnhof keine Fußgängerampel gibt, überqueren viele Reisende auf teils gefährliche Weise den Messedamm.

Den Tunnel aus den 70er Jahren meiden Kenner, weil die Rolltreppen und der Aufzug meistens defekt sind. Auch am Donnerstag schleppten Touristen ihre Koffer dort mühsam über die Treppen. Noch dazu stinkt es an einigen Stellen nach Urin. Nachts sei die Unterführung ein „Angstraum“ für Passanten, findet Stadtrat Schulte. Er kann sich aber einige neue Nutzungen vorstellen, darunter Ausstellungsflächen für die Messe Berlin oder Künstler.

Die Umgebung des ZOB „ist es nicht wert, Touristen in der Stadt zu empfangen“, sagte Architekt Kristian Skovbakke Villadsen vom Büro Gehl, nachdem er und ein Kollege sich zusammen mit weiteren Stadtplanern, Hochschulwissenschaftlern, Ämtervertretern und Bezirkspolitikern einen ersten Eindruck verschafft hatten. Die Gegend sei „kein Teil des städtischen Alltags“. Unter der unwirtlichen Atmosphäre litten nicht nur Fernbusreisende, sondern auch Besucher des Messegeländes am Funkturm.

Verbesserungen sollen nicht viel kosten

Bis Freitag werden Lösungsideen gesucht. Experten wie Vanessa Carlow von der TU Braunschweig stellten zunächst weitere Defizite fest. Rund um den ZOB fehlten „gute Architektur“ und „ein intuitiver, klarer“ Fußgängerweg zum S-Bahnhof. Die Workshop-Teilnehmer sortierten Fotos von Straßen aus aller Welt, die auf dem Boden des Tunnels ausgelegt waren, um Alternativen aufzuzeigen. Für den Messedamm wurden unter anderem Bilder von Brücken aufgereiht.

Eine Brücke wäre wohl zu teuer. Es gehe jedenfalls nicht um einen Totalumbau der Kreuzung oder des Tunnels, sondern um „kleine Interventionen“, betonte Abteilungsleiter Horn. Ob die Forderung von Bezirkspolitikern nach einer Fußgängerampel erfüllt wird, konnte er noch nicht sagen.

Der ZOB wird ausgebaut

Unabhängig davon wird der ZOB selbst bis 2018 ausgebaut und modernisiert. Am späten Mittwochabend bewilligte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses 3,85 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt.

In New York war Gehl Architects von der dortigen Stadtverwaltung beauftragt worden und ging radikaler als jetzt vor: Der Times Square wurde vor sechs Jahren zur Fußgängerzone, mit Ausnahme einer Straßenquerung.

Auch die Schönhauser Allee soll menschenfreundlicher werden

Bereits am Dienstag und Mittwoch hatte es einen Workshop zur Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg gegeben. Auch dort ging es um eine „menschenfreundlichere Gestaltung“ und weniger Raum für den Autoverkehr. Als Problem wurden aber auch die Gitter neben den Straßenbahngleisen erkannt. Über drei mögliche Szenarien wollen das Bezirksamt Pankow und die Senatsverwaltung weiter beraten. Eine Idee lautet, aus jedem fünften oder zehnten Parkplatz eine kleine Oase zum Verweilen zu machen, mit Sitzbänken, Grünpflanzen und Fahrradständern.

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