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Die Licht- und Klanginstallation „re.so.nant“ von Mischa Kuball im Jüdischen Museum Berlin.
© Ladislav Zajac / Archiv Mischa Kuball, Düsseldorf / VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Neustart des Jüdischen Museums: Ein Licht wandert durch den Schacht

Eine neue Lichtinstallation von Mischa Kuball, Performances in der ganzen Stadt: Das Jüdische Museum Berlin geht neue Wege.

Der Anfang ist gemacht. Die neue Programmdirektorin Léontine Meijer-van Mensch hat die Herzkammer des Jüdischen Museums wieder freigeräumt. Wo in den letzten Jahren die Computer des Learning-Centers und Teppiche die Kühle des Betons, die Dramatik der Voids im Libeskind-Bau überspielten, ist nun die ganze Wucht der Architektur zurückgekehrt. Zwei der fünf den Museumsbau vertikal durchziehenden Raumschächte sind damit wieder auf ihre Urform zurückgeführt, wie sie um die Jahrtausendwende bei der Vorbesichtigung des noch unbespielten Neubaus über 350 000 Menschen erlebten. Für viele hat sich diese besondere Raumerfahrung – die Kühle, Härte, Einsamkeit der 24 Meter hohen Voids – auf’s Engste mit dem Museum verbunden, auch wenn in den letzten Jahren Libeskinds Purismus durch Einbauten relativiert worden ist.

Mit einer Lichtinstallation des Düsseldorfer Konzeptkünstlers Mischa Kuball an diesem besonderen Ort macht die seit Februar amtierende Chefin einen ersten sichtbaren Neustart in ihrem Haus. Hier soll künftig die neue Dauerausstellung beginnen, die Voids werden der Prolograum sein. Mit Eröffnung der nächsten Sonderausstellung „Welcome to Jerusalem“ am 11. Dezember schließt die Dauerausstellung für die nächsten anderthalb Jahre. So viel steht bereits fest: Der Parcours wird weniger chronologisch, sondern stärker thematisch aufgebaut sein. Die Architektur soll wieder sichtbarer werden, jüngste Gegenwart und zeitgenössische Kunst eine größere Rolle spielen.

Wege außerhalb der eigenen Mauern

Kuballs Installation „re.so.nant“ als Beginn einer neuen Ära wirkt da geradezu programmatisch. Spezialisiert auf das Spürbarmachen architektonischer Räume und ihrer sozialen wie politischen Bedeutung, arbeitet der Düsseldorfer Künstler auch hier mit Projektion, Stroboskop, Spiegeln und farbigem Licht. Via Projektoren laufen kreisrunde und trapezförmige Lichtfelder die Betonwände rauf und runter. In einem in rotes Licht getauchten Zwischenraum blitzt es immer wieder grell aus den Ecken auf, sodass die Silhouette der anderen Besucher als Nachbild noch eine Weile auf der Netzhaut bleibt. In einer anderen Ecke drehen sich zwei übereinanderstehende Spiegel, die den sich selbst betrachtenden Besucher in zwei Hälften teilen. Ihm ginge es um den Menschen als „ungeteiltes Ganzes“, so Kuball. Mag sein, seine Installation aber beeindruckt vor allem durch ihr sinnliches Abtasten der Räume, die eingespielte Soundcollage aus 60-sekündigen Clips von über 50 Musikern. Der kühle Schacht, der eisige Void präsentiert sich plötzlich als Möglichkeitsraum.

Léontine Meijer-van Mensch, neue Programmdirektorin des Jüdischen Museums.
Léontine Meijer-van Mensch, neue Programmdirektorin des Jüdischen Museums.
© Jüdisches Museum/Yves Sucksdorff

Mit „re.so.nant“ probiert das Jüdische Museum zugleich neue Wege außerhalb seiner eigenen Mauern aus. Das über die Wand wandernde Licht-Trapez, der Grundriss des Voids, soll auch an anderen Orten der Stadt auftauchen und durch Performances bespielt werden: etwa am Mehringdamm oder Potsdamer Platz. „Wie inklusiv können wir sein, wenn alles bei uns bewacht wird?“ hatte sich Meijer-van Mensch angesichts der Metalldetektoren im Museumsentree, der patrouillierenden Polizei gefragt. Ein Licht auf dem Bürgersteig vor dem Haus ist da ein guter Start.

Nicola Kuhn

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