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Vorher. Nick (Ben Affleck) und Amy (Rosamund Pike).
© Fox

Im Kino: "Gone Girl" von David Fincher: Ehemann unter Mordverdacht

Eine Gattin verschwindet: Schon steht der Ehemann unter Mordverdacht. David Fincher spielt in "Gone Girl" alle Facetten des Plots durch - zweieinhalb Stunden lang. Doch bleibt der Thriller mit Ben Affleck und Rosamund Pike verblüffend lau.

Angreifen, flüchten oder standhalten – was soll der Barbesitzer Nick tun? Nachdem seine Frau am helllichten Tag abhandengekommen ist, sind ihm alle Boulevardmedien auf den Fersen, denn Amy ist berühmt. Egal wie Nick sich verhält, es kann nur falsch sein: Lächelt er gewinnend, heißt es, er hat kein Herz. Weint er, ist er ein Weichei. Lässt er sich mit Unterstützerinnen der Suchkampagne fotografieren, ist er ein Schuft. Und hat er seine Frau nicht überhaupt umgebracht?

Bei verschwundenen Ehefrauen sind die Ehemänner nun mal die Hauptverdächtigen, auch wenn sich die energische Detektivin Boney hier bemüht, vorläufig das Gegenteil anzunehmen. Das passt wiederum ihrem Assistenten nicht, einem Anhänger der konventionellen Sichtweise. Polizei und Tatverdächtiger würden, für sich gesehen, schon miteinander klarkommen, vielleicht sogar ohne den auf die Verteidigung von Gattinnenmördern spezialisierten Staranwalt, den Nick anheuert. Aber da sind die Medien!

Von Anfang an, so will es diese Adaption des dritten Krimis der Ex-Journalistin Gillian Flynn, sind Wort- und Bildreporter bei dieser Ehe dabei: Amy war das reale Vorbild für eine Kinderbuchreihe, die ihre Eltern geschrieben haben. Als Erwachsene kommt sie aus den Klischees nicht heraus und zieht, so scheint’s, Nick mit hinein. Nach fünf Jahren läuft das Eheleben denkbar schlecht – auch wenn die Rückblenden einen märchenhaften Beziehungsanfang zeigen. Weder die schöne, kluge, ätherische Amy (Rosamund Pike) noch der mittelcharmante, etwas behäbige Nick (Paraderolle für Ben Affleck) wissen, was ihnen geschieht, und als beide kurz hintereinander arbeitslos werden, driften sie auseinander: Frust, Kontrollverlust, Eifersucht sind die Folgen.

Diese Vorgeschichte entwickelt der Film in Rückblenden aus Amys Sicht, die vielleicht mit Nicks übereinstimmt; man weiß es nicht, und soll es auch nicht wissen. Jetzt, da Amy verschwunden ist, belagern Reporterheere Nicks Haus, und als er aus Verzweiflung zu seiner Zwillingsschwester zieht, bezichtigt man die beiden rein aus Unterhaltungsgründen prompt des Inzests.

Irgendwann traut der Zuschauer dem so anständig wirkenden echten Kerl Nick aber auch nicht mehr so recht, und genau darauf will die Inszenierung des erfahrenen Thriller-Regisseurs David Fincher („Verblendung“, 2011, „Zodiac“, 2007) hinaus. Diesmal allerdings scheint Fincher selber den Überblick verloren zu haben, jedenfalls läuft ihm die Story nach zwei Dritteln der immerhin 150 Filmminuten aus dem Ruder, werden die Drehungen und Wendungen des Plots irrer und wirrer und das ohnehin schon nicht eben plausible Personal um einen Deus ex Machina erweitert. „Gone Girl“ ist ein weiteres Beispiel dafür, dass weniger in jeder Hinsicht mehr gewesen wäre. Und überhaupt: Kein Spielfilm, zumindest kein Genrefilm, sollte länger als 100 Minuten dauern. Oder?
In 18 Berliner Kinos

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