Pläne des Konzerthaus Berlin: Echos auf die Krise
Das Konzerthaus feiert im kommenden Jahr seinen 200. Geburtstag. Was sonst noch geplant ist in der Saison, verkündete Intendant Sebastian Nordmann.
Die Kronleuchter sind heruntergelassen, die Stühle an den Rand geschoben: Im Großen Saal des Konzerthauses steht Intendant Sebastian Nordmann ganz allein und stellt die Pläne für die nächste Saison per Videoclip vor.
Sie wird in jeder Hinsicht ungewöhnlich ausfallen. Im Mittelpunkt steht der 200. Geburtstag des 1821 nach Plänen Schinkels eröffneten Hauses, das schon kurz darauf Stätte der umjubelten Uraufführung von Webers „Freischütz“ wurde.
Christoph Eschenbach will 21 Konzerte leiten
Eine Neuinszenierung der katalanischen Operngruppe La Fura dels Baus soll die Jubiläumsspielzeit im Juni 2021 beschließen und dabei mit allen medialen Möglichkeiten die Wolfsschlucht ins Haus holen.
Am Pult steht Christoph Eschenbach, dessen erste Saison als Chefdirigent am Gendarmenmarkt durch Corona jäh unterbrochen wurde. Als er in seiner Pariser Wohnung festsaß, schrieb er an sein Orchester, berichtet Intendant Nordmann. Und obwohl er mit seinen 80 Jahren zur Risikogruppe gehört, will Eschenbach sofort kommen, wenn der Spielbetrieb wieder losgeht.
Satte 21 Auftritte mit dem Konzerthausorchester sind geplant, Ehrendirigent Iván Fischer wird vier Programme dirigieren, der Erste Gastdirigent Juraj Valcuha drei.
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Nach einer Studie zu veränderten Arbeitsbedingungen der Orchester während der Pandemie soll nächste Woche der Probenbetrieb im Konzerthaus wieder starten. Kleine Kreuze im Saal zeigen dann an, wo Streicher und Bläser Position beziehen und wo Plexiglaswände zwischen ihnen aufgestellt werden. „Die Musikerinnen und Musiker wollen und müssen wieder spielen“, sagt Nordmann.
„Alles bleibt anders“ lautet das Motto der kommenden Saison, die mit dem „Freischütz“ vor Augen nach vorne blicken will. Zehn Ensembles und drei Komponisten sind eingeladen, die Geschichte des Teufelspakts neu zu interpretieren.
Sopranistin Anna Prohaska wird Artist in Residence
Christian Jost, Thorsten Encke und Samir Odeh-Tamimi komponieren neue Werke für das Konzerthausorchester, Nico & the Navigators planen ein genreübergreifendes „staged concert“ mit dem Titel „Empathy for the devil“, aber auch das Stegreif.Orchester und die Musicbanda Franui sind mit dabei.
„Diese neuen Arbeiten entstehen jetzt, werden also auch ein Echo der aktuellen Krise enthalten“, sagt Nordmann. Wenn der Konzertbetrieb wieder beginnen kann, geht es um positive Raumerlebnisse ohne Desinfektionsgeruch.
Dabei werde es dem Konzerthaus helfen, dass es bereits mit vielen Aufführungsformaten experimentiert hat, hofft der Intendant. Anna Prohaska passt da als Artist in Residence stimmig ins Bild, denn die gefeierte Sopranistin ist zugleich eine neugierige Programmentwicklerin, lädt zu zwei Salonabenden, singt mit Philippe Jaroussky Pergolesis „Stabat Mater“ und natürlich auch im „Freischütz“.
Ulrich Amling