George Ezras Sommerhit "Budapest": Dreh' das Radio lauter!
Unser Autor Christian Schröder über einen Song, dem man in diesem Sommer einfach nicht entkommt: "Budapest" von George Ezra.
Ein Hit, weiß das englisch-deutsche Wörterbuch, ist ein „Treffer“ oder ein „Schlag“. Übersetzt ins gute alte ZDF-Hitparadendeutsch bedeutet das: Ein Hit ist ein Schlager. Ein Lied, das einem um die Ohren geschlagen wird. Unentwegt.
Der Song, dem man in diesem Sommer nicht entkommt, heißt „Budapest“. Wer in den letzten Wochen in Mitteleuropa mit dem Auto unterwegs war und dabei das Radio einschaltete, kennt das sparsam-grummelige Bassintro, die sanfte Keyboardmelodie, das Handclapping und die aufgeraute Stimme des Sängers George Ezra, die bei jedem „You“ zu einem jubelnden Y-Y-Yo-Youuuu-Juchzer ansetzt. Perfekter Pop, 3 Minuten und 16 Sekunden lang. Und ein teuflischer Ohrwurm, der sich, einmal gehört, bis in den Nachtschlaf hineinschraubt. Auch einige Textzeilen kriegt man kaum noch aus dem Kopf. Zum Beispiel: „Give me one good reason why I should never make a change.“ „Budapest“ läuft in Kopenhagen, Jever, Stockholm, Brüssel, Lyon und Mailand. Möglicherweise ist es sogar in Budapest zu hören. Beim norddeutschen Sender N-Joy spielen sie bereits den Remix, unterlegt mit Housebeats.
George Ezra ist eines dieser blassen britischen Pop-Wunderkinder, die bereits als Teenager so virtuos sind, dass die Musikgeschichte für sie zum Baukasten wird, aus dem sie sich fröhlich bedienen. Für einen 21-Jährigen verfügt er über einen erstaunlichen Blues-Bass, vor allem besitzt er etwas, was den meisten Kollegen fehlt: Sehnsucht. Eine Sehnsucht nach der Ferne und dem Aufbruch. Seine Ausbildung am Institute of Modern Music in Bristol brach Ezra ab, um mit seiner Gitarre durch den Kontinent zu tingeln. Sein im Juni erschienenes Debütalbum hat er „Wanted on Voyage“ genannt, gesucht auf Reisen. Da finden sich Impressionen von den Aufenthalten abroad, Lieder wie „Blind Man in Amsterdam“ oder „Barcelona“, mit dem schönen Vers „Barcelona I still long to hold her once more“.
George Ezra, ein moderner Troubadour
George Ezra ist ein moderner Troubadour in der Tradition von Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach. Im Mittelpunkt seines Gesangs steht die Minne. In „Budapest“ stilisiert sich Ezra zum schmachtenden Ritter, der seine Burg, seine Schätze und Ländereien auf einen Wink der Geliebten hin sofort verlassen würde. Ob er Budapest tatsächlich kennt, ist egal. Was zählt, ist die Leidenschaft. Deshalb geht von diesem Sommerhit, vom Pulsieren seines Basses, dem hellen Klingklang der Gitarren und dem Jauchzen des Sängers, so ein Sog aus. Mit federnder Leichtigkeit erzählt er davon, wie einfach es sein könnte, ein neues Leben zu beginnen. Auch wenn es nur ein Gedankenspiel ist. Wer den Song im Auto hört, dreht das Radio lauter und will bloß noch fahren, fahren, fahren. Mit Vollgas in die Verheißung. Denn alle Wege führen ins Freie.
Christian Schröder