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Im Kasseler Fridericianum, einer der Hauptspielstätten: Adam Szymczyk ist der künstlerische Leiter der Documenta 14.
© dpa

Documenta 14: Documenta-Chef Adam Szymczyk: "Die Ausstellung soll eine Erfahrung sein"

150 Künstlerinnen und Künstler sind zur Documenta in Athen und Kassel eingeladen. Namen verrät Documenta-Leiter Adam Szymczyk nicht - so ist es Tradition. Die Besucher möchte der gebürtige Pole zur aktiven Teilnahme anregen.

Der erste Eindruck täuscht. Wenn Adam Szymczyk auf einem Podium sitzt, wirkt er verschlossen. Und nicht immer hat er auf einfache Fragen einfache Antworten. Aber im persönlichen Gespräch taut er auf, ist wach, offen und beweist Humor. Als künstlerischer Leiter der Documenta 14, der wichtigsten Kunstausstellung der Welt, steht er 2017 im Fokus der Kunstwelt.
„Die Documenta ist ein denkender Organismus, der versucht, die Welt zu verstehen, die uns umgibt“, sagt der 46-Jährige über die mit Spannung erwartete Ausstellung, die in einem Monat in Athen und in drei Monaten in Kassel beginnt, bevor er sich die nächste Zigarette anzündet. Zum ersten Mal findet die Documenta gleichberechtigt in zwei Städten statt; derzeit sind in Athen und Kassel etwa 200 Menschen mit den Vorbereitungen beschäftigt.
Immer wieder wird er seither gefragt, wer da was lernen soll und warum. Die Antwort bleibt er stets schuldig. Letzte Woche in Kassel übernahm eine griechische Kollegin die undankbare Aufgabe, diese Frage zu stellen. Szymczyks Replik diesmal: „Beim Lernen geht es nicht um Ankommen, nicht um Ergebnisse. Es ist ein spannender und bedeutungsvoller Prozess... Ich fürchte, ich habe keine clevere Antwort.“

Szymczyk: Bis zu einer Million Besucher, das birgt politisches Potential

Das bestgehütete Geheimnis einer Documenta ist traditionell die Liste der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler, das ist auch diesmal nicht anders. "Wir haben etwa 150 Mitwirkende", sagt Szymcyk, "Künstler, die schriftlich eingeladen wurden, aktuelle Arbeiten zu zeigen. Dazu kommen einige historische Positionen sowie Leihgaben aus Museen und Archiven." Sein Team sich immer immer wieder gefragt, ob die Teilnehmerliste vorab veröffentlicht werden sollte nicht. "Ich bin kein Freund solcher Listen. Sie erzeugen eine gewisse Erwartungshaltung. Meiner Meinung nach sollte eine Ausstellung eine Erfahrung sein. Eine Erfahrung ohne große vorprogrammierte Erwartungen."
Szymczyk, 1970 in Polen geboren, studierte Kunstgeschichte in Warschau, jobbte in Galerien, schrieb Kritiken und absolvierte in den neunziger Jahren eine Kuratoren-Ausbildung in Amsterdam. Über Basel führte ihn der Weg auch nach Deutschland, wo er 2008 die „Berlin Biennale“ mitkuratierte. 2013 wählte ihn eine Findungskommission zum Documenta-Leiter. Szymczyk stehe für eine enge Zusammenarbeit mit den Künstlern, so die Jury damals, seine Arbeit sei von unstillbarer Neugier, Integrität und Recherche durchzogen.
Als „scheu und wenig zugänglich“ beschrieb ihn die Baseler „TagesWoche“, er habe „ein intellektuelles Programm“ gemacht, „weg von der Malerei, hin zu Leere, zu Reduktion, zu installativen Arbeiten, zu Interventionen.“ Andere bescheinigen ihm „eine unbestechliche intellektuelle Brillanz“. "Symczyk, die Sphinx“, hieß es kürzlich wiederum im Magazin der „Süddeutschen Zeitung“: Bei einem Termin mit Sponsoren habe er ausgesehen „wie Nick Cave bei einem Konzert der Leipziger Thomaner“.

Die Besucher der Documenta 14 möchte Szymczyk vom passiven Kunst-Konsum weg und hin zur aktiven Teilnahme anregen. "Wir wollen Besucher ermutigen, es so zu sehen, dass der Kauf des Tickets sie zu mehr berechtigt, als sich nur Kunstwerke anzuschauen. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass sich die Besucher auch als ein Teil des Projekts und nicht nur als Zuschauer verstehen. Es birgt ja ein weitgehend ungenutztes Potenzial, wenn viele Menschen für eine große Ausstellung zusammenkommen - ein politisches Potenzial." Dafür verspricht der Documenta-Chef in Kassel wie Athen „einige wirklich großartige, geistig anregende Kunstwerke", die erstmals zu sehen sein werden. (dpa)

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