Rocío Molina beim „Tanz im August“: Die Verwandlung
Rebellische Weiblichkeit: Rocío Molina modernisiert beim „Tanz im August“ den Flamenco, Mathilde Monnier und La Ribot liefern Slapstick-Striptease.
Die Tänzerin und Choreografin Rocío Molina aus Málaga wird als Erneuerin des Flamenco gefeiert. Beim „Tanz im August“ präsentierte sie ihr neues Stück „Caída del Cielo“, das ganz unterschiedlichen Energien und Stimmungen kombiniert. Molina beginnt ihren Tanz in der Stille, im weißen Rüschenkleid mit langer Schleppe dastehend, leicht zur Seite geneigt, als horche sie in sich hinein. Es ist, als ob sie in den tiefen Schichten ihres Körpers graben müsste, um die Erinnerungen an eine vergessene Tanzsprache wieder hervorzuholen.
Ungestüm wirft sie sich dann zu Boden, mit ihrem langen Gewand sieht sie wie eine träumende Meeresjungfrau aus. Wie sie dann im Rollen ihre Schleppe herumwirbelt, ist fantastisch – hat mit dem traditionellen Flamenco aber nichts zu tun, der an der Vertikale orientiert ist. Das sind buchstäblich umstürzlerische Ideen, mit denen Molina den Flamenco aufsprengt und alle Freiheiten für sich als Flamenco-Interpretin und als Frau einfordert. Sie ist Rotzgöre und Rebellin, und reißt mit ihrer entfesselten Energie die Zuschauer von den Sitzen.
Molina vermischt männliche und weibliche Tanzstile
Nachdem Molina das Rüschenkleid abgestreift hat, durchläuft sie eine Reihe von Verwandlungen. Mit schwarzem Hut und engem weißen Anzug stolziert sie wie ein Matador über die Bühne und lässt es krachen. Rasant und virtuos interpretiert sie die Bulerias, bei denen sie rhythmisch mit den Füßen stampft und das Tempo immer mehr steigert. Die harten Hakenschläge verbindet sie mit grazilen Armgesten und schnellen Drehungen. Wenn sie dann das Ledergeschirr überstreift, verwandelt sie sich augenzwinkernd zur Domina im SM-Club. Dass sie auf der Bühne der Boss ist, daran besteht kein Zweifel. Sie vermischt männliche und weibliche Tanzstile, macht sich über den Machismo lustig und demonstriert ungezügelte Weiblichkeit. „Caída del Cielo“ ist mit seinem Wechsel aus Disziplin und Entfesselung ein furioses Tanzstück gelungen. Fantastisch sind auch die Musiker, die Flamenco-Gitarrenklänge mit rauem Gesang und hartem Rock kombinierten.
In „Gustavia“ stöckeln Mathilde Monnier und La Ribot in knappen schwarzen Bodys wie Showgirls über die Bühne. Das Duett der beiden Tanzdiven, das im Rahmen der La-Ribot-Retrospektive gezeigt wurde, ist längst ein feministischer Klassiker. Die beiden haben sich von Filmen von Buster Keaton, Charlie Chaplin, Peter Sellers und Jacques Tati anregen lassen. Sie flennen anfangs schwesterlich um die Wette, können aber auch gemein zueinander sein. Wenn La Ribot mit dem Brett über die Bühne läuft, handelt sich Monnier immer neue Schläge auf den Kopf ein. Endgültig zum Slapstick wird eine Striptease-Nummer, bei der es nur nackte Knie zu sehen gibt.
Mathilde Monnier wird beim „Tanz im August“ auch ihr neues Stück „El Baile“ zeigen, Premiere ist am 29. August.
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