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Das 51. Berliner Theatertreffen findet vom 2. bis zum 18. Mai 2014 statt.
© dpa

Berliner Theatertreffen 2014: Die Reise ins Theaterferne

Die Geschichte spielt auf dieser Bühne immer mit: Beim 51. Theatertreffen in Berlin gibt es Stammgäste, neue Namen und einen renovierten Stückemarkt.

So lange ist das her, und wieder nicht: Vor fünf Jahren eröffnete Christoph Schlingensief mit dem Oratorium „Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“ das Berliner Theatertreffen. Zum Jahrgang 2009 gehörte auch Jürgen Gosch mit der „Möwe“ vom Deutschen Theater und der Volksbühne. Beide Inszenierungen waren Endspiele, grandiose Exerzitien. Karg und streng der Tschechow, von wildem Barock die „Kirche“. Bald darauf starb Jürgen Gosch, Christoph Schlingensief ging ein Jahr später.

Verluste, von denen sich das Theater so bald nicht erholt. Und was soll man über Dimiter Gotscheff sagen, den Regisseur, der uns im vergangenen Herbst verlassen hat? Die nächste Katastrophe, wieder ging ein Riss durch die Seele ...

Das Theatertreffen wird in solchen Situationen besonders wertvoll. Es ist das Gedächtnis des Theaters. Hier gehen Aufführungen in die Annalen ein. Damals hat es Gosch und Schlingensief gefeiert, und es hat dazu beigetragen, dass diese Künstler und ihre Werke im Gedächtnis geblieben sind. In diesem Jahr gilt die Erinnerung Mitko, wie seine Freunde ihn nennen. Seine letzte Regiearbeit, Heiner Müllers „Zement“ vom Bayerischen Staatsschauspiel, wird am Freitagabend das Theatertreffen eröffnen. Es soll ein Fest werden: Einen „Focus Dimiter Gotscheff“ haben die Berliner Festspiele organisiert, im Geiste Gotscheffs. Das werden lustig-melancholische Tage! Die Volksbühne zeigt seinen „Iwanow“ von Tschechow, das Deutsche Theater „Die Perser“. Die Modellinszenierung hatte 2006 Premiere und war von der Jury übergangen worden.

Die Neuen heißen Susanne Kennedy und Robert Borgmann

Es ist das 51. Berliner Theatertreffen. Eine stolze Zahl – und eine hohe für ein Festival, das sich stets als jung und vorneweg verstanden hat. Einer ist mal wieder dabei, der 1990 bei seinem Theatertreffen-Debüt große Wellen machte: Frank Castorf. Damals war es Lessings „Miss Sara Sampson“, heute „Reise ans Ende der Nacht“ nach dem Romanmonster von Céline. Ein Vierteljahrhundert liegt dazwischen, mit einer kleinen Pointe: Einst kam Castorf über München, und auch jetzt nimmt der Volksbühnenintendant diesen Umweg.

Damals bei Castorf stand der Schauspieler Herbert Fritsch auf die Bühne, inzwischen schon Stammgast und dieses Jahr mit seinem musikalischen Theater „Ohne Titel“. Und noch ein wenig Geschichtsunterricht: 1990 waren Thomas Langhoff, Johann Kresnik, Achim Freyer, Claus Peymann und George Tabori eingeladen; Castorf war der Youngster. Jetzt heißen die Neuen Susanne Kennedy („Fegefeuer in Ingolstadt“, Münchner Kammerspielen) und Robert Borgmann („Onkel Wanja“, Staatsschauspiel Stuttgart). Der Stückemarkt zeigt sich renoviert. Dort werden nicht mehr in szenischen Lesungen Texte durchgenommen, sondern warten Installationen und Performances.

Theaterfern, Biennale-nah

Dahin geht die Reise ja schon lang, ins eigentlich Theaterferne, Biennale-Nahe. Da allerdings war Christoph Schlingensief allen voraus mit seinem erweitertem Theaterbegriff. Jetzt wird im Operndorf in Burkina Faso die Kranken- und Geburtenstation ihren Betrieb aufnehmen. Eine Schule wurde bereits eröffnet. Insgesamt stehen 25 Gebäude des Architekten Francis Kére auf dem Plateau. Schlingensiefs Kunst hat das Leben erreicht und es dem Tod gezeigt.

Rüdiger Schaper

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