Museum der Moderne: Die Pläne für den ambitionierten Bau zeigen Schwächen
Wie sieht es innen wirklich aus? Trotz harter Kritik geht das Museum des 20. Jahrhunderts in die nächste Phase.
Der Disput um das Museum des 20. Jahrhunderts – oder auch Museum der Moderne – tritt in eine neue Phase. Die Nachwehen des Streits um den Bauplatz, der Kritik am Wettbewerbsergebnis, der Empörung über die Steigerung des bewilligten Budgets und die Kassandrarufe die künftigen Kosten betreffend sind noch nicht abgeklungen.
Nun sollen die vollmundigen Ankündigungen durch die Pläne konkretisiert werden. Wie sieht das in gebauter Realität aus, wenn Jacques Herzog von dem Haus als Zentrum des Kulturforums spricht, das nach allen Seiten offen sei, mit allen anderen Kulturbauten im Umkreis kommuniziere und deshalb keine Rückseite habe?
So ganz stimmt das nicht, denn der Südgiebel öffnet sich zwar durch scheunentorgroße Schiebewände, aber nur um das Oberlicht zu belichten. Hineingehen kann man hier nicht, weil die Nord-Süd-Passage durch das Haus hier auf Tiefgeschossniveau liegt, um unter der Sigismundstraße hindurchzutauchen und den Neubau mit der Neuen Nationalgalerie zu verbinden.
Es soll kein Kellergang sein, sondern eine – freilich recht niedrige – breite Passage mit Ausstellungsmöglichkeit. Weshalb der Tempel von Mies van der Rohe mit seinem erhabenen Eingang an der Potsdamer Straße durch den Kellereingang organisatorisch völlig umgekrempelt werden soll, ist immer noch nicht plausibel.
Die Raumgestaltung bringt Einschränkungen
Die Kreuzung der Nord-Süd- und der Ost-West-Passage im Herzen des neuen Hauses, als kommunikativer Fokus des ganzen Kulturforums apostrophiert und als solcher von der Wettbewerbsjury gepriesen – diese große Geste funktioniert nicht. Die Achsen kreuzen sich auf verschiedenen Ebenen, die eine überbrückt die andere.
Eine Verbindung des „Boulevards“ mit der Querspange gibt es nur über versteckte Treppenhäuser. Hier ist eine repräsentative Freitreppe vonnöten. Das könnte man leicht ändern. Ansonsten ist die zentrale Halle ein großer Vorzug des Gebäudes, ein offener, heller Ort, der mit seiner breiten Treppenhalle informeller Treffpunkt und Auditorium sein kann.
Die Ausstellungssäle sind sehr unterschiedlich in Zuschnitt, Höhe, Ausstattung und Charakter, mal mit Holz-, mal mit Beton-, mal mit Ziegelboden und mit unterschiedlichen Deckenformen. Aber auch mit Einschränkungen an universeller Nutzbarkeit, die eine solche Raumspezifik mit sich bringt.
Die Räume sollen vielfältig sein, immer wieder neu zu bespielen. Es fehlt allerdings an Großzügigkeit und Übersicht. Im Untergeschoss durchläuft der Besucher einen labyrinthischen Parcours mit zwei Dutzend Sälen, Räumen und Zimmerchen, darunter der „Ankerraum Joseph Beuys“. In Jacques Herzogs Diktion ist das die „Beuys-Kapelle“, einer der wenigen inhaltlich vorbestimmten Räume.
Der Anzug ist zu eng für das Raumprogramm
Im Erdgeschoss atmet man etwas freier, doch im mit Nutzungen wahrhaft vollgestopften Obergeschoss gibt es wieder einen solchen verwinkelten Parcours, mit noch kleineren Zimmerchen, verbunden durch enge Gänge.
Der Grundriss erweckt den Eindruck, als habe man die neue Nutzung in einen vorhandenen Altbau hineingepusselt. Der Anzug ist zu eng für das umfangreiche Raumprogramm und kneift an vielen Stellen.
Viel Schelte hatten die Architekten wegen der Großform des Gebäudes abbekommen. Die Architekten selbst sprechen von einer „Scheune“, deren „archaische Form“ sich zwischen den gebauten Ikonen des Kulturforums behaupten muss, ohne sie zu dominieren.
Ob aber das bewusst ruhige, statuarische Gebäude dem von den Museumsleuten euphorisch angekündigten Feuerwerk allzeit aktueller, immer wieder neuer Ausstellungen nach außen hin ein Gesicht verleiht, bleibt fraglich. Die Architekten scheinen das Defizit zu spüren, denn das Haus soll mit allerlei LED-Zauber nach allen Seiten auf sich aufmerksam machen.
Der Scharoun-Platz ist gelungen
Am gelungensten ist der zu Scharoun-Platz und Philharmonie hin gelegene Nordgiebel. Mit seiner räumlichen Tiefe, der Freitreppe hinauf zum Multifunktionssaal linker Hand, der Gastronomie zur Rechten und dem eigentlichen Haupteingang in der Mitte wirkt er offen und einladend und verspricht Aufenthaltsqualitäten.
Noch sehen die präsentierten Fassadensimulationen mit ihren perforierten, strukturierten, dekorierten Ziegelwänden etwas kunsthandwerklich aus. Daran wird noch gearbeitet, gibt Jacques Herzog zu bedenken, aber das hat er schon vor Jahresfrist gesagt.
Die Gestaltung der Fassaden betreffend, überwiegt noch immer abwartende Zurückhaltung. Man traut den Architekten, die zu den besten der Welt zählen, zu, dass am Ende ein überzeugendes Bauwerk auf dem Berliner Kulturforum stehen wird, das Faszination und Aura ausstrahlt.