Krise am Staatstheater Cottbus: Die Nöte eines Ensembles
Das Staatstheater Cottbus kommt nicht zur Ruhe. Nach Intendant Martin Schüler muss jetzt auch Stiftungsdirektor Martin Roeder gehen. Was passiert mit Brandenburgs einzigem Musiktheater?
Es ist die Chronik eines beispiellosen Absturzes: Das Staatstheater Cottbus galt noch bis vor wenigen Wochen als ein Haus mit Ambitionen und überregionaler Ausstrahlung. Intendant Martin Schüler prägt die angesehene Opernsparte seit 27 Jahren, seit zehn Jahren sorgt Evan Christ als Generalmusikdirektor für Aufhorchen. Das Doppel war für die Politik der Garant des Erfolgs, beide Verträge wurden daher erst im Dezember 2017 verlängert, bis zum Sommer 2024. Das Cottbusser Theaterglück sollte von Dauer sein. Doch inzwischen ist GMD Christ beurlaubt, sein Vertrag soll aufgelöst werden, Intendant Schüler tritt zum Ende der Saison zurück. Und gerade erst wurde der Vorstandsvorsitzende der Brandenburgischen Kulturstiftung Cottbus-Frankfurt/Oder, die auch für das Staatstheater zuständig ist, fristlos gekündigt. Martin Roeder hatte die Verlängerung der Verträge vorgeschlagen – obwohl das Orchester zuvor signalisiert hatte, nicht weiter unter Christ als seinem Chef arbeiten zu wollen.
Ausfälle und Beleidigungen
Der tiefe Riss, der sich durch das Jugendstiltheater zieht, wurde Ende März öffentlich. Die Gesangssolisten des Hauses beschwerten sich in einem Brief an den Intendanten und den Stiftungsrat über die „Ausfälle“ des GMD. Christ schrecke vor persönlichen Beleidigungen und Beschimpfungen nicht zurück. Dass die Sänger dies zu diesem Zeitpunkt erstmals zu Papier brachten, lag auch an der Kündigung des Studienleiters Frank Bernard. Der hatte auf seiner Facebook-Seite das Arbeitsklima unter Christ kritisiert. Das Orchester solidarisierte sich sowohl mit dem entlassenen Studienleiter als auch dem Brief der Solisten, selbst die Schauspieler des Hauses schlossen sich an. Versuche, die Zusammenarbeit mit Christ zu retten, schlugen fehl – wohl auch, weil der Dirigent wenig Einsehen zeigte. Intendant Schüler räumte daraufhin ein, „die Nöte des Ensembles und die Zwänge, unter denen Leistungen erbracht wurden, aus dem Blick verloren“ zu haben, und kündigte seinen Rücktritt an. Ein Scherbenhaufen, in dessen Angesicht sich die Frage stellt, wer wann wovon wusste. Die Entlassung des Vorstandsvorsitzenden der zuständigen Kulturstiftung versucht eine Welle zu stoppen, die auf die zuständige Ministerin zurollt. Martina Münch hatte angegeben, von den Vorwürfen gegen Christ „völlig überrascht“ gewesen zu sein. Eine Darstellung, der der Personalrat des Staatstheaters so nicht stehen lassen wollte. Brandenburgs letztes verbliebenes Musiktheater muss auf einmal um seine Zukunft bangen.