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Mitglieder der Schwedischen Akademie sitzen auf der jährlichen Hauptversammlung im Gebäude der Alten Börse in Stockholm.
© Henrik Montgomery/TT NEWS AGENCY/AP/dpa

Literaturnobelpreis: Die letzten Atemzüge der Schwedischen Akademie

Die einzige öffentliche Zusammenkunft der Akademie kurz vor Weihnachten war Abbild des wirren, selbstzerstörerischen Jahres. Die Literaturbetriebskolumne.

2018 war das Jahr, in dem der Literaturnobelpreis sein Ansehen verlor, seinen hohen ideellen Wert für die, die ihn erhalten (sollen), die Autoren und Autorinnen, nicht zuletzt aber auch für die Welt, die sich nur für Literatur interessiert, wenn der Preis alljährlich im Oktober verliehen wird. Der arme Literaturnobelpreis kann dafür natürlich nichts. Die Schuld trägt die Jury, die ihn vergibt, die sogenannte Schwedische Akademie, die sich nach den Vergewaltigungsvorwürfen gegen den Ehemann eines ihrer Mitglieder Ende 2017 heillos zerstritt und sich nicht dazu bereit fand, die Literatur mitsamt Literaturnobelpreis über die eigenen verqueren Angelegenheiten zu stellen. Ja, die hier an ihre Pfründe dachte. Und dort, auf der vermeintlich guten, unbescholtenen Seite nur ungenügend zu einem Neuanfang in der Lage war.

Und so war auch die einzige öffentliche, zudem festliche Zusammenkunft der Akademie, die Jahr für Jahr kurz vor Weihnachten im Beisein der schwedischen Königsfamilie stattfindet, ein Abbild des wirren, selbstzerstörerischen Jahres 2018. Von den achtzehn Mitgliedern der Akademie waren nur sieben anwesend, allesamt Männer. Der Rest ist zurückgetreten, lässt die Akademiearbeit ruhen oder blieb – wie die Lyrikerin Kristina Lugn – der Feier fern. Immerhin nahmen dann drei neue Mitglieder ihre Plätze ein: die iranisch-schwedische Autorin Jila Mossaed, der Jurist Eric M. Runesson und der Literaturwissenschaftler Mats Malm. Aus jeweils einem anderen Saal wurden sie der Tradition gemäß nach und nach hineingelassen. Damit hatte es sich allerdings mit der Tradition. Nur die Hälfte der Königsfamilie war nämlich anwesend, blieb bei der Ankunft gleich stehen, um sich beim Einzug der Akademiemitglieder für diese nicht erheben zu müssen – ein deutlicher Missbilligungserweis. Auch der Direktor der Nobelstiftung, Lars Heikensten war nicht erschienen, zudem durfte das Akademiemitglied Horace Engdahl angeblich auf Anweisung des Königshofs seine geplante Rede nicht halten – er ist einer der Hardliner und Vertrauten des Vergewaltigers Jean-Claude Arnault. Und die drei neuen Mitglieder konnten und sollten keine Laudationes auf ihre (in der Regel verstorbenen, dieses Mal aber halt noch sehr lebendigen) Vorgänger halten. Woran sich Jila Mossad nur teilweise hielt. Sie lobte in ihrer Rede ausdrücklich die vorher auf ihrem Stuhl sitzende Schriftstellerin Kerstin Ekman, insbesondere für deren Haltung damals zu der gegen Salman Rushdie ausgesprochenen Fatwa durch den Ayatollah Khomeini.

Wie es nun weitergeht? Von Anders Olsson, dem Interimsvorsitzenden der Akademie gingen an diesem Abend keine neuen Impulse aus. Er sprach in seiner abschließenden Rede im Rückblick von den „sieben Samurais, die sich im Endkampf befinden“; zu den Enthüllungen über die Lyrikerin Katarina Frostenson, die ihrem Mann Jean-Claude Arnault vor Bekanntgabe Namen von Nobelpreisträgern gesteckt hatte, will er sich erst Mitte Januar äußern. Was die Kernakademie betrifft, so scheint es, wird 2019 nicht besser als das Jahr 2018.

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