Deutsche Kunst in China: Dialog ist Diplomatie
In Peking wurde die Ausstellung „Deutschland 8“ eröffnet, die 320 Werke deutscher Gegenwartskünstler vereint. Lesen Sie hier die Eröffnungsrede des deutschen Außenministers.
Die Krise auf der koreanischen Halbinsel und das Kernwaffen- und Raketenprogramm des nordkoreanischen Diktators führen uns einmal mehr vor Augen: Auch vermeintlich weit entfernte Konflikte, Kriege und Katastrophen haben unmittelbare Auswirkungen auf unser Leben und Handeln. Deutschland und Europa können nicht tatenlos zusehen, wie Nordkorea die Region zu destabilisieren droht. Klar ist aber auch: Nur mit internationaler Kooperation, einem langen Atem, Diplomatie und Dialog ist ein Durchbruch zu erreichen. Ein selbstbewusstes China spielt hier schon aus geostrategischen Gründen eine besondere Rolle. Den Schlüssel zur Lösung besitzt die internationale Gemeinschaft; umdrehen muss ihn China.
Was kann der Austausch im Bereich der Kunst und Kultur vor dem Hintergrund solch massiver Krisen schon erreichen, mag man fragen. Ich meine: Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wir müssen Diplomatie als die umfassende Gestaltung von Beziehungen zwischen Gesellschaften begreifen. Im Vordergrund einer solchen Außenpolitik steht nicht das instrumentelle Verhandeln von Interessen, sondern gleichberechtigt der Schutz von Freiheitsräumen für Medien, Kunst und Wissenschaft. Dazu zählt auch, dass wir uns selbst und unsere Weltbilder anderen zur Verfügung stellen, damit sie sich selbst ein Bild von uns machen können. Und damit wir die Diskussion über unsere Differenzen auf der Basis von Verständnis führen können und nicht von Ignoranz.
Deshalb freue ich mich, dass wir die Ausstellung „Deutschland 8“ in Peking zeigen können, gleichzeitig an acht Orten. Im Tai Miao Tempel vor den Toren der Verbotenen Stadt versammelt sie das ‚Who is Who‘ der deutschen Gegenwartskunst, wie sie noch nie an einem Ort besichtigt werden konnte, selbst in Deutschland nicht. Sie ist zugleich die Antwort auf die Ausstellung „China 8“, die 2015 in Deutschland in acht Museen chinesische Gegenwartskunst präsentierte.
Mit aller Kraft einsetzen, Hindernisse zu überwinden
Gerade im Verhältnis zu China ist mir wichtig, dass wir über die Diplomatie der Kunst die Kunst der Diplomatie erweitern und verbessern können. Unsere Länder feiern dieses Jahr 45 Jahre diplomatische Beziehungen. Die Partnerschaft ist heute auf politischer und wirtschaftlicher Ebene so eng wie nie. Aber für ihre Tiefe und Stabilität ist der zivilgesellschaftliche und kulturelle Austausch entscheidend. Er wird getragen von hunderten Hochschulpartnerschaften und vielfältigen wissenschaftlichen und kulturellen Kooperationen. Er lebt auch in den Bildungsbiografien junger Deutscher und Chinesen, die an einer Partnerschule lernen oder im jeweils anderen Land studieren.
Im Frühjahr habe ich mit der stellvertretenden chinesischen Ministerpräsidentin Liu Yandong den „People to People Dialogue“ eröffnet. Er wird den zivilgesellschaftlichen und kulturellen Austausch weiter stärken. Einen Durchbruch konnten wir schon erreichen: die Registrierung der politischen Stiftungen nach dem neuen Gesetz für ausländische Nichtregierungsorganisationen in China. Voraussetzung für deren Tätigkeit ist natürlich die Ermöglichung von Reisen und Auslandsaufenthalten, die Förderung des Spracherwerbs, der Zugang zu Informationen. Deshalb setzen wir uns mit aller Kraft dafür ein, Hindernisse zu überwinden. Das gilt für die Registrierung unserer Forschungsorganisationen ebenso wie für den Status der Goethe-Institute, für den Einsatz für die Medienfreiheit wie für Künstlerinnen und Künstler. Ich bin sicher, unsere Weltbilder werden ihren eigenen, freien und schönen Beitrag dazu leisten, das Weltbild und das Bild von Deutschland in China mitzuprägen!