"Supergute Tage" im Grips Theater: Des Pudels Stern
Mark Haddon hat 2003 den Erfolgsroman „Supergute Tage“ geschrieben - über einen vermeintlich behinderten Jungen, der ein genialer Logiker ist. Jetzt präsentiert das Grips Theater die Bühnenfassung.
Christopher ist ein, nun ja, ungewöhnlicher Junge. Er ist 15 Jahre, drei Monate und drei Tage alt, kennt alle Primzahlen bis 7507, erträgt weder Berührungen noch die Farben Gelb und Braun und kann nicht lügen. Für unwahr und daher verabscheuenswürdig hält Christopher auch Metaphern. Jemand hat eine Leiche im Keller. Der Tag war unter aller Sau. Versteht er nicht. Stimmt doch gar nicht. Wie kann ein Tag unter einer Sau sein?
Der Hund ist mausetot. Noch so eine Metapher. Allerdings auch eine Wahrheit, mit der die Geschichte des Christopher Boone beginnt. Der Nachbarspudel Wellington wird durchbohrt von einer Mistgabel aufgefunden. Der Verdacht fällt auf den Jungen mit dem AspergerSyndrom, der sich daraufhin auf die Suche nach dem wahren Täter macht.
„Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ ist ein Erfolgsroman des Briten Mark Haddon von 2003. Allein in Deutschland hat sich das Buch rund 400 000-mal verkauft, was kaum erstaunt: Zum einen ist der junge Autist ein toller Outsider-Held, dessen eigenwillige Hirnwindungen immer wieder überraschende Perspektiven produzieren. Hier wird eben nicht von einem vermeintlich Behinderten erzählt. Sondern von einem genialischen LogikPedanten, der gern über Ausdehnung und Ende des Universums fabuliert und sich das „gleißende Licht von Abermilliarden stürzender Sterne“ ausmalt.
Zum anderen verbindet Haddon auf so fesselnde wie schräg-witzige Weise Detektivstory, Familien-Melodram und Coming-of-Age-Geschichte. Der Star-Dramatiker Simon Stephens hat daraus eine Bühnenfassung gemacht, die das theatrale Potenzial des Boone’schen Kosmos voll ausschöpft.
Am Grips Theater inszeniert Regisseurin Barbara Hauck die Berlin-Premiere dieser „Superguten Tage“ (im Original: „The Curious Incident of the Dog in the Night-Time“). Kilian Ponert spielt die Hauptrolle des Nachwuchs-Sherlock Holmes, der auf der Suche nach dem Hundemörder ein ziemlich bürgerliches Beziehungsdrama bloßlegt, in das sein Vater Ed (Jens Mondalski), seine Mutter Judy (Regine Seidler) und die Wellington-Besitzerin Frau Shears (Katja Hiller) verwickelt sind.
Vor allem im ersten Teil tritt der Abend dabei allerdings auf der Stelle. Und Ponert muss seinen Christopher als ziemlich gestört wirkenden Abweichler vorführen. Wo doch die in Vorabinterviews erklärte Absicht des Teams war, eben keinen „Rain Man“-mäßigen Autisten zeigen zu wollen.
Das wird nach der Pause besser. Da begibt sich Christopher auf die Reise nach Berlin (den Mix aus englischen Namen und deutschen Schauplätzen hätte man sich auch schenken können), wo seine Mutter wohnt. Von der hatte sein Vater behauptet, sie sei tot – statt die Trennung zuzugeben. Die Großstadt-Polyphonie, die auf den Jungen einstürzt, ist klasse in Szene gesetzt. Auch das multifunktionale Bühnenbild aus bodenlangen Kunststoffbahnen kommt hier voll zur Geltung. Ist mal Rolltreppe, mal Stolperfalle. Und Ponert – am Ende mit Standing Ovations bedacht – spielt subtiler. Lässt den absurden Humor leuchten, den das Asperger-bedingte Empathie-Defizit verursachen kann. Wenn Christopher etwa in aller Unschuld zu seiner Mutter sagt: „Es ist nicht schlimm, dass du nicht tot bist.“
wieder am 22., 24. und 25.11.
Patrick Wildermann
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