Chris Dercons Start an der Volksbühne: Dercon lädt Berlin zum Tanz
Eröffnung auf dem Tempelhofer Feld: Chris Dercon stellt seine erste Volksbühnen-Saison vor. Am 10. September geht's los, mit einer vierwöchigen Premierenserie.
D-Day in Tempelhof. Chris Dercon und sein Team stellten am Dienstagmittag auf dem Tempelhofer Feld ihre Pläne für die Volksbühne vor. Nie zuvor war ein designierter Theaterleiter in Berlin derart angefeindet worden, der Krach um die Volksbühne zog weite Kreise. Und nach der Pressekonferenz wird die Diskussion weitergehen, nicht zuletzt um das Räuberrad auf dem Rosa-Luxemburg-Platz, um dessen Zukunft es nun auch juristische Auseinandersetzungen gibt. Jetzt gehe es nicht mehr um ihn, sondern um das Programm, sagt Dercon bei der Pressekonferenz denn auch - ein frommer Wunsch. Er gesteht aber auch Fehler ein - und nun: das Programm!
Erste News: Die Volksbühne heißt künftig Volksbühne Berlin. Na ja, so neu ist das nicht, bisher hieß sie Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz oder im Internet volksbuehne-berlin.de, mit Bindestreich. Zweite News: Die erste Dercon-Saison beginnt am 10. September und wie bereits angekündigt auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens. Ganz Berlin ist zum Tanz eingeladen. Es ist der Auftakt zu einer vierwöchigen Premierenserie mit 15 Vorstellungen an diesem Ort. Auf dem Programm stehen unter anderem “A Dancer’s Day” (ab 14. September) und “Danse de nuit” (ab 21. September) von Boris Charmatz sowie “Musée de la danse”; außerdem die Uraufführung von “Iphigenie” von Mohammad Al Attar und Omar Abusaada (ab 30. September) sowie “Let Them Eat Chaos”, ein von der britischen Rapperin Kate Tempest eigens für Tempelhof konzipiertes Konzert mit Orchester und Chor (am 6. Oktober).
Chris Dercon sagt: „Ich wünsche mir die Volksbühne als einen öffentlichen, durchlässigen Ort, der Raum lässt für ganz verschiedene Formen von darstellender Kunst, wo Disziplinen aufeinander reagieren und interagieren können. Ein Stadttheater ohne Grenzen“. Und seine Programmdirektorin Marietta Piekenbrock ergänzt: „Was unser Programm versammelt, ist das, was wir lieben, wovon wir träumen, was uns befremdet, was uns magisch anzieht, was wir mit Begriffen nicht zu fassen kriegen, was uns wichtig ist und was wir für wichtig halten.“
An der Volksbühne selbst geht's am 10. November los
In der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz selbst beginnt die Spielzeit dann am 10. November. Gezeigt werden Einakter von Samuel Beckett, zusammen mit Arbeiten von Tino Sehgal. Es soll ein Abend über Theater, Kunst und Sprache sein, das gesamte Haus wird bespielt. Danach folgen Premieren von Mette Ingvardsen und Susanne Kennedy. Ein Projekt des Fotografen Michael Schmidt soll an den großen Theaterkünstler Einar Schleef erinnern.
Zu den zwischen Castorf-Verteidigern und Dercon-Befürwortern umstrittenen Punkten zählt vor allem die Frage, was mit den bisherigen Volksbühnen-Mitarbeitern geschieht. Hier versprachen Dercon und sein Team nun Kontinuität: „Wie in den letzten Jahren an der Volksbühne praktiziert, wird das Haus mit einem gemischten Ensemble arbeiten, mit vertraglich fest gebundenen Künstlern und mit Gästen, die kontinuierlich in der Volksbühne zu sehen sein werden. Von den insgesamt 227 Mitarbeitern der Volksbühne bleiben 206. Alle Gewerke bleiben erhalten. Die Literaturreihe im Roten Salon wird weiterhin von Sabine Zielke kuratiert. Christian Morin bleibt der Musikkurator an der Volksbühne.”
Künstlerisch hat Dercon am Dienstag kaum Überraschungen verkündet. Das meiste war schon vorher bekannt oder duchgesickert. Das Programm gibt sich betont traditionsbewusst, das gilt auch für die Organisation des Hauses und das nicht-künstlerische Personal. Von einem Kahlschlag kann nicht die Rede sein. Allerdings fehlen Namen von großen Regisseuren und Schauspielern, wie sie die Volksbühne in der Castorf-Ära prägten.
Hier das komplette Programm für die erste Dercon-Saison zum Downloaden: www.volksbuehne1718.berlin/de/