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Will die Beute nicht hergeben: Die Tänzer des Staatsballetts Berlin wehren sich gegen die Leitung. Am Karfreitag fiel das „Dornröschen“ aus – am 28. Mai ist die nächste Vorstellung.
© Staatsballett/Yan Revazov

Staatsballett Berlin: Der Tanz ums Geld

Weil die kleinen Gewerkschaften als zahnlos gelten, wollen die Tänzer des Staatsballetts sich durch Verdi vertreten lassen. Das passt dem Generaldirektor Georg Vierthaler gar nicht. Nach dem Streik am Karfreitag verhärten sich die Fronten.

Sie tanzen wieder, doch sie geben sich weiter kämpferisch. Nachdem die Tänzer des Staatsballetts Berlin am Karfreitag die Vorstellung von „Dornröschen“ nach einem Streikaufruf von Verdi haben ausfallen lassen, ging die Vorstellung von „Onegin“ am Freitag wie geplant über die Bühne. Die Lage bleibt aber angespannt. Im Ensemble gärt es. „Solange unsere Forderungen nicht ernst genommen werden, sind wir gezwungen, Zeichen zu setzen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Gewerkschaft Verdi und der Ballettsprecher.

"Die Situation ist schwierig und verworren"

Laut Verdi haben die Tänzer des Staatsballetts die Gewerkschaft im vergangenen Jahr aufgefordert, mit der Stiftung Oper in Berlin und dem Deutschen Bühnenverein einen Haustarifvertrag auszuhandeln. Georg Vierthaler, der Generaldirektor der Berliner Opernstiftung und Geschäftsführer des Staatsballetts, bleibt aber bei seiner harten Haltung und verweigert die Gespräche mit Verdi. „Die Situation ist schwierig und verworren“, sagte er dem Tagesspiegel, „ähnlich wie bei der Deutschen Bahn, wo eine Gewerkschaft einen Personenkreis vertreten will, für den es schon eine Vertretung gibt.“ Der Streik am Karfreitag sei eine Aktion gewesen, bei der die Gewerkschaftspolitik im Vordergrund gestanden habe, sagt Vierthaler. Er wirft Verdi vor, die kleineren Künstlergewerkschaften Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO) und Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) verdrängen zu wollen. Und echauffiert sich über eine „Instrumentalisierung unserer Tänzer“.

Ob sich die Konflikte intern lösen lassen, wie Vierthaler es anstrebt, ist fraglich. Der Forderungskatalog der Tänzer liegt jedenfalls schon länger auf dem Tisch. Darin geht es um freie Tage, Gesundheitsschutz und Gastspiele. Und um eine nachvollziehbare Gagenstaffelung. Leistungen und Einsätze sollen angemessen vergütet werden. Dass Demi-Solisten zum Teil weniger verdienen als Gruppentänzer, ist eine der Ungerechtigkeiten, die die Tänzer auf die Barrikaden treibt. Ihr Unmut hat seinen Ursprung zum Teil schon in der Malakhov-Ära. Damals ist ein Günstlingssystem entstanden mit großem Gefälle in der Vergütung.

Die kleinen Künstlergewerkschaften gelten als zahnlos

Die stellvertretende Intendantin Christiane Theobald sei permanent im Gespräch mit den Tänzern, so Vierthaler. Und man sei durchaus bereit, den Forderungen des Ensembles schrittweise zu entsprechen, etwa die Ruhezeiten von Gruppentänzern und Solisten zu vereinheitlichen. Andere Forderungen müssten noch konkretisiert werden. All das lasse sich mit dem „Normalvertrag Bühne“ regeln. Es überrascht freilich nicht, dass Vierthaler nicht mit sich über einen Haustarifvertrag reden lässt. Der geltende Vertrag lässt dem Arbeitgeber freie Hand, etwa beim Aushandeln der Gagen von Solisten. Zudem gelten die kleinen Künstlergewerkschaften als ziemlich zahnlos.

„Die jetzige Struktur ist sehr willkürlich“, kritisiert Sabine Schöneburg, die zuständige Gewerkschaftssekretärin bei Verdi. Fast alle Tänzer des Staatsballetts seien Verdi-Mitglieder, das werte sie als klaren Verhandlungsauftrag. „Der Arbeitgeber verspricht einzelnen Tänzern Vergünstigungen“, sagt sie. „Die Tänzer wollen sich aber nicht auseinanderdividieren lassen."

"Wir wollen lieber tanzen als streiken"

Eine Einigung scheint derzeit nicht in Sicht. Weitere Streikaktionen sind also nicht ausgeschlossen. In ihrer Erklärung schreiben die Sprecher der Tänzer: „Wir wollen lieber tanzen als streiken. Um unser Publikum zu erfreuen und dafür unser Bestes zu geben, haben wir diesen künstlerischen Beruf gewählt und üben ihn gerne aus. Doch wir lassen uns nicht länger hinhalten.“

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