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Das alte Bauhaus-Museum: Es steht in Weimar am Theaterplatz.
© dpa

Bauhaus-Museum in Weimar: Der Stadt-Plan

Weimar bekommt ein neues Bauhaus-Museum. Es wird Teil einer "Topographie der Moderne". Baubeginn ist 2017.

Weimar bekommt ein Bauhaus-Museum. Der Wettbewerb ist entschieden, Heike Hanada mit Benedict Tonon (Berlin) werden ihren Siegerentwurf nahe dem NS-„Gauforum“ verwirklichen, Baubeginn ist 2017, und Hanada „freut sich darauf“, wie sie bei der Vorstellung des Projekts in der Thüringer Landesvertretung in Berlin erklärte. Doch der Museumsbau findet nicht isoliert statt: Er ist Teil einer „Topographie der Moderne“, die „zu einem zentralen Thema für die Klassik Stiftung Weimar geworden“ ist, wie es im Vorwort der Broschüre „Weimar. Modellstadt der Moderne?“ heißt.

Das Fragezeichen ersetzte der Architektursoziologe Harald Bodenschatz, den man wohl als den spiritus rector des Projektes bezeichnen darf, bei der Veranstaltung durch einen entschiedenen Ausruf: Weimar sei eine „Modellstadt der ambivalenten Moderne“ – und als solche begreift Bodenschatz die Hinterlassenschaften der Nazi-Zeit wie der DDR. Denn schräg hinter dem unvollendet gebliebenen „Gauforum“ erhebt sich das Hochhaus des Studentenwohnheims „Langer Jakob“ von 1972, dem nach der SED-Planung von 1968 weitere Wohntürme in der Stadt hätten folgen sollen.

Topographie von europäischen Interesse

Nun kommt also das sehr puristische, allein zum tief liegenden Weimarhallenpark – seinerseits Teil einer Grünflächenplanung von 1928 – sich öffnende Bauhaus-Museum hinzu. In einem Teil des „Gauforums“ wird zudem ein „Museum Zwangsarbeit“ eingerichtet, und zwar im „Reichsstatthalterhaus“, das für Fritz Sauckel, seit 1933 NS-„Reichsstatthalter“ von Thüringen, errichtet wurde. Sauckel war ab 1942 „Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz“, das heißt für die millionenfache Zwangsarbeit; als einer der Hauptkriegsverbrecher wurde er 1946 in Nürnberg hingerichtet. Am Tag der Grundsteinlegung des „Gauforums“ im Juli 1937 wurde zugleich das KZ Buchenwald wenige Kilometer außerhalb von Weimar mit Häftlingen belegt.

Diese historische Schichtung Weimars soll die „Topographie der Moderne“ sichtbar machen, und die Redner des Abends – darunter Wolfgang Holler, Generaldirektor der Weimarer Kunstmuseen – suchten die vielfach kritisierte, altstadtferne Lage des Bauhaus-Museums in diesem Sinne zu legitimieren. Doch Bodenschatz spürte das Problem, denn er schloss seinen fulminanten Vortrag mit den Worten, die „Strategie einer ,Topographie der Moderne’“ sei „von europäischem Interesse“ und benötige „nicht nur Akteure, sondern Enthusiasten“.

Das museale Konzept wirkt ungenau

Die konnte die Vorstellung des Innenlebens des künftigen Bauhaus-Museums noch nicht gewinnen. Zu ungenau ist im Augenblick das museale Konzept. Schon die Raumbezeichnungen, die Hanada und Innenarchitektin Barbara Holzer (Zürich) in ihren Projektionsfolien zeigten, sind – wie auf Nachfrage zu erfahren – überholt. Drei Ausstellungsgeschosse wird das Gebäude haben, das allein ist klar.

Dass am Theaterplatz, wo bislang das Bauhaus-Museum mehr schlecht als recht residiert, ein „Haus der Weimarer Republik“ geplant ist, erfuhren die Zuhörer lediglich durch eine Wortmeldung der Weimarer Stadtkulturdirektorin Julia Miehe. Als ob das nicht ebenso bedeutsam wäre! Gilt es doch gleichfalls 2019 das 100. Jubiläum der Weimarer Nationalversammlung zu feiern, immerhin den Gründungsakt der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Kann es sein, dass den Bauhaus-Leuten ein wenig die historische Perspektive abhanden gekommen ist? Zur Korrektur ist es zum Glück nicht zu spät.

Bernhard Schulz

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