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An der Mundharmonika galt er als legendär: der verstorbene Musiker Toot Thielemann.
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Nachruf Toots Thielemans: Der Mann mit der Mundharmonika

Über Jahrzehnte war Toots Thielemans der führende Virtuose auf der Jazz-Mundharmonika. Jetzt ist der Belgier im Alter von 94 Jahren gestorben.

Er gehörte zu den Stimmen im Jazz, die man schon nach zwei, drei Takten erkennt – und das auf einem Instrument, das weitaus weniger persönliche Färbung gestattet, als es Saxofonisten oder Trompetern vergönnt ist. Jean Baptiste „Toots“ Thielemans, am 29. April 1922 in Brüssel geboren, war der König der chromatischen Mundharmonika, wenn solche Adelstitel nicht dem anheimelnd melancholischen Charakter des Instruments widersprechen würden wie dem seines Meisters: Niemand hauchte ihm je einen demutsvolleren Atem ein. Toots Thielemans begann schon im Vorschulalter mit dem Akkordeon. Zur zunächst diatonischen Mundharmonika verführte ihn 1939 der amerikanische Virtuose Larry Adler im Kino. Der Jazz packte ihn wenig später in Gestalt des Gitarristen Django Reinhardt – und bald in derjenigen des Bebop-Gottes Charlie Parker. Er war selbst ein bemerkenswerter Gitarrist, der seine Soli am liebsten unisono mitpfiff: Auch als Whistler bleibt er unvergessen. Zum unverwechselbaren Musiker reifte er indes indes erst in den 50er Jahren im Quartett des blinden Pianisten George Shearing heran. Das Gepflegte, Geschmackvolle und dabei hochmusikalisch Virtuose blieb seine Sache, und obwohl er anders als heutige Mundharmonikastars wie Grégoire Maret oder Howard Levy nie darum kämpfte, Türen zum Ungehörten aufzustoßen, eroberte er sich auf der internationalen Bühne eine erstaunliche Anzahl musikalischer Welten. Er spielte mit Bill Evans und mit Quincy Jones, tauchte mit Caetano Veloso und Gilberto Gil tief ein in die Rhythmen der brasilianischen Musik, war auf Soundtracks wie dem zu John Schlesingers „Midnight Cowboy“ zu hören und gastierte bei Aufnahmen von Billy Joel, Paul Simon und Jaco Pastorius. Als Komponist wird er vor allem mit „Bluesette“ in Erinnerung bleiben. Der Ohrwurmwalzer ist nicht nur ein Standard geworden ist, er begleitetete ihn selbst bis ins hohe Alter. Bei Konzerten pflegte er das Stück mit den Worten anzusagen, dass die Tantiemen seine Altersversorgung garantierten. Dabei musste er sich um sein Auskommen wohl nie Sorgen machen. Noch mit über 90 Jahren trat er hin und wieder auf und packte die beiden Hohner-Instrumente aus, die er exklusiv spielte. Als Signature-Instrumente kann sie heute jeder Musiker erwerben. Sie heißen Toots Thielemans Hard Bopper und, wie könnte man es schöner sagen, Mellow Tone. Am Sonntag ist der Mann des sanftes Tones im Alter von 94 Jahren in seiner Heimatstadt Brüssel gestorben.

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