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Der belgische Ministerpräsident Charles Michel.
© AFP

Charles Michel: Belgiens Premier muss sich viele Fragen gefallen lassen

Der belgische Premier machte rasant Karriere und gilt als besonnen. Jetzt aber muss er erklären, warum die Sicherheitsbehörden so versagten.

Es ist eine doppelte Bürde, die Charles Michel nun trägt. Bei seinem ersten Fernsehauftritt nach den Brüsseler Anschlägen war sie zu spüren. Der erst 40 Jahre alte belgische Premierminister musste da nicht nur die ersten Erkenntnisse der Ermittler vortragen. Er tat dies auch, indem er abwechselnd französisch und niederländisch sprach. Michel steht nicht nur vor der Herausforderung, dass sein Land zum Zentrum des islamistischen Terrors geworden ist. Er muss auch ein Land zusammenhalten, das schon häufiger am Rande einer Staatskrise stand und innerlich tief zerrissen ist.

Michel hatte sich seine Zeit an der Spitze der Regierung sicher anders vorgestellt. Auf wirtschaftliche Reformen wollte der liberale Politiker sich konzentrieren, als er 2014 zum jüngsten belgischen Premier seit 1845 gewählt wurde. Die notorischen Verfassungsstreitigkeiten zwischen flämischem und wallonischem Landesteil sollten dafür zurückgestellt werden.

Als ein Grund gilt die belgische Krankheit: Zersplitterung von Behörden

Von Beobachtern wird seine Regierung als „Kamikaze-Koalition“ bezeichnet, weil dem Vierer-Bündnis mit Michels liberalem MR nur eine französischsprachige Partei angehört, dafür aber die nationalistische Flamenpartei N-VA mitregiert. Als ein Wunder gilt es, dass die Koalition überhaupt noch existiert. Vermutlich hat Michel geholfen, dass er aus einer Politikerfamilie stammt. Seinem Vater Louis Michel, ein früherer Außenminister und EU-Kommissar, sieht er nicht nur äußerlich ähnlich. Er folgte ihm auch als MR-Parteichef nach.

Im Vergleich zu dem als cholerisch geltenden Vater wird Charles Michel aber als eher besonnen beschrieben. Schon früh war sein Leben auf eine Karriere im komplexen belgischen Staatsgefüge ausgelegt. Er studierte Jura nicht in Frankreich, sondern in Amsterdam – wo er seine Niederländisch- Kenntnisse verbessern konnte.

Nun aber muss Michel sich harte Fragen gefallen lassen. Vor allem, warum die Sicherheitsbehörden die Anschläge nicht verhindern konnten. Viel zu lange brauchten die belgischen Ermittler, um den Drahtzieher der Anschläge von Paris festzusetzen. Michel sprach am Dienstag von „blinden, gewalttätigen und feigen Anschläge“. Er sprach aber auch aus, was sich viele Belgier angesichts der schlimmen Nachrichten gedacht haben dürften: „Wir haben einen Terroranschlag befürchtet und es ist nun passiert“, sagte er. Als ein Grund für das Behördenversagen gilt eine belgische Krankheit, die Michel nur zu gut kennt: Die Zersplitterung von Zuständigkeiten im föderalen Staat.

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