Internationales Literaturfestival Berlin: Der Mann mit den vielen Gesichtern
Elf Comicautoren und Künstler kommen am 14. September zum „Graphic-Novel-Tag“ des Internationalen Literaturfestivals nach Berlin. Wir stellen sie vor. Heute: David Vandermeulen.
Zum vierten Mal findet in diesem Jahr beim Internationalen Literaturfestival Berlin (ilb) ein Graphic-Novel-Tag statt. Auf vier Panels sprechen am 14. September elf Gäste aus neun Ländern über ihre Arbeit, moderiert von Tagesspiegel-Redakteur Lars von Törne. Die Veranstaltung findet im Haus der Berliner Festspiele statt, Schaperstraße 24, 10719 Berlin. Karten: Einzelkarte € 4,00 bis € 16,00 mit Ermäßigungen, Tageskarte € 18,00, ermäßigt € 14,00, Schüler € 8,00. Die Tickets gibt es entweder direkt im Haus der Berliner Festspiele oder telefonisch unter (030) 25489100 sowie online unter www.berlinerfestspiele.de
Hier das komplette Programm des Tages:
11.00 Uhr: "Vom Leben gezeichnet – soziale und politische Themen als Comic-Inspiration." Mit Katharina Greve [D], Vishwajyoti Ghosh [Indien] und Andreas Gefe [CH]
12.30 Uhr: "Das Leben der anderen – Comic-Biografien." Mit Reinhard Kleist [D], David Vandermeulen [Belgien] und Alfonso Zapico [Spanien]
14.30 Uhr: "Mein öffentliches Leben – autobiografische und semiautobiografische Comics." Mit Judith Vanistendael [Belgien], Sarnath Banerjee [Indien/D] und Cyril Pedrosa [F]
16.00 Uhr: "Wir Grenzüberschreiter – Comic-Künstler im Wechselspiel zwischen Illustration, sequentieller Erzählung und bildender Kunst." Mit Stefano Ricci [Italien] und Ileana Surducan [Rumänien]
In lockerer Reihe stellen wir auf den Tagesspiegel-Comicseiten in den kommenden Wochen die Gäste des Festivals vor – heute David Vandermeulen.
David Vandermeulen, Jahrgang 1968, ist ein französischsprachiger belgischer Comicautor und Zeichner. Nach einem Studium der Kunst und Kunstgeschichte eröffnete er zusammen mit einem Freund in Brüssel ein Underground-Café-Theater und veröffentlichte nebenher seine ersten selbst verlegten Comics.
Sein Zeichenstil in jener Zeit ist von der École Marcinelle geprägt, jener Gruppe belgischer Comiczeichner, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit dynamischen, oft karikierenden und humorvollen Strips in der Zeitschrift »Spirou« stilprägend waren. Eine seiner Schöpfungen jenseits des Comic ist die Kunstfigur Monsieur Léopold Ferdinand-David Vandermeulen, ein ironisch angelegtes Alter Ego, das sich als Anhänger der Monarchie gibt, auf einer Website das aktuelle Zeitgeschehen kommentiert und als Autor mehrerer satirischer Bücher fungiert.
Neben seinen humoristischen Arbeiten hat sich Vandermeulen in den vergangenen Jahren vor allem als Autor und oft auch als Zeichner der Biografien historischer Persönlichkeiten einen Namen gemacht. Sein ambitioniertestes Projekt ist die auf sechs Bände angelegte Biografie des deutsch-jüdischen Chemikers Fritz Haber (1868–1934), deren erster Band 2005 erschienen ist und die Anfang 2014 mit dem vierten Band fortgesetzt wurde. In der mehrfach ausgezeichneten Reihe setzt sich Vandermeulen differenziert mit der widersprüchlichen Persönlichkeit des Nobelpreisträgers auseinander, dessen Arbeiten einerseits die Grundlage für die massenhafte Entwicklung des Kunstdüngers bildeten, der andererseits den Weg für den Einsatz von Giftgas im Ersten Weltkrieg ebnete.
Für dieses Buch hat sich Vandermeulen einen neuen Zeichenstil angeeignet, der fotorealistische Elemente mit einer verwachsen wirkenden Aquarell-Ästhetik in Sepiafarben kombiniert. In einer Rezension des »Nouvel Observateur« werden vor allem die akribische Arbeitsweise und historische Authentizität der Reihe gelobt. Ein Rezensent der Website www.critiqueslibres.com stellt fest: »Hier nimmt der Comic künstlerischen Formen an, die vom Leser die Anstrengung verlangen, sich auf Bereiche der menschlichen Natur einzulassen, die das Beste und das Schlechteste in sich bergen. Es ist eine Erwachsenenlektüre im wahrsten Sinne des Wortes.«
Als Szenarist schuf Vandermeulen zudem zahlreiche Comic-Erzählungen in Zusammenarbeit mit anderen Zeichnern, so eine »Faust«-Adaption und das Buch »La Passion des Anabaptistes« mit dem Zeichner Ambre, »La journée d’un journaliste américain en 2889« mit Guillaume Guerse und die Biografien »Shelley« (2012) und »Chamisso« (2014) mit Daniel Casanave. Neben diesen Arbeiten hat er immer wieder auch experimentelle Arbeiten veröffentlicht, so 2012 das Album »Ric Remix«, das formal zusammenpassende Szenen aus der frankobelgischen Comicserie »Rick Master« von André-Oaul Duchateau und Tibet in Form einer Collage neu zusammenfügt und so einen Comic-Klassiker satirisch zitiert und ihm seine Reverenz erweist.
Lars von Törne
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